Essen. Vor allem im Essener Norden ist die Lage stellenweise unerträglich geworden. Und die Politik schafft es noch, engagierte Bürger zu frustrieren.

Ein Unternehmen wie die EBE neigt normalerweise nicht zum Alarmismus. Man macht im Rahmen der Straßenreinigungspflicht halt klaglos den Müll weg, den einige hinterlassen, und bezahlt diese Dienstleistung mit dem Gebührengeld, das von allen Bürgern erhoben wird – fertig. Umso mehr ließ die gestrige Mitteilung aufhorchen, die Essen in seltener Schonungslosigkeit ein wachsendes, überaus ekelerregendes Problem mit illegalen Müllbergen attestierte. Mit den üblichen Mitteln, so die Warnung der EBE, könne man dem bald nicht mehr Herr werden.

Der Hilferuf deckt sich eins zu eins mit den alltäglichen Beobachtungen, die jeder in dieser Stadt machen kann, wenn er denn will. Und er deckt sich zudem mit Diskussionen, die besonders im Essener Norden immer rabiater geführt werden und jüngst im dortigen Stadtteil-Parlament einen Eklat zur Folge hatten.

Bürger, die ein halbwegs ordentliches Umfeld brauchen, ziehen einfach weg

Bürger wollten die Vermüllung in Altenessen nicht länger tatenlos ansehen und mit Schildern das theoretisch mögliche Strafmaß aufzeigen. Sicherlich sind Zweifel erlaubt, ob dies etwas nützt, solange Polizei und städtische Behörden Sanktionen eher lasch durchsetzen. Schaden, soviel ist klar, wird eine solche Aktion aber auf keinen Fall, sie ist ein Zeichen dafür, das es Bürger gibt, die aktiv etwas tun wollen. Sie benennt außerdem klar das Problem, und das war genau das, was die Stadtteilpolitiker nicht wollten. Lieber hat man die Bürger vergrätzt.

Ein Fall von Realitätsverweigerung. Einigen scheint nicht klar zu sein, was langfristig droht. Wenn die Lebensqualität wegen der Vermüllung weiter sinkt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die schon jetzt prekärere soziale Mischung weiter erodiert. Bürger, die ein halbwegs ordentliches Umfeld zum Leben benötigen, ziehen einfach weg. Und die, die alles versauen, ziehen dann weitere an, die alles versauen. Ist es das, was Herr Jansen von der SPD Altenessen will? Wohl kaum.

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Viele wilde Müllkippen gehen auf das Konto von Einwanderern

Was die Sache nicht einfacher macht: Nicht alle, aber doch viele Verursacher wilder Müllkippen sind Einwanderer, die auf Sanktionen sozialer oder auch behördlicher Art zu pfeifen scheinen. Eine Wahrnehmung von Bürgern vor Ort, die offiziell erfahrungsgemäß nur mit sehr spitzen Fingern zur Kenntnis genommen wird, weil man sich schnell den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit einhandelt. Aber was nützt es, Realität ist eben Realität.

Bei all dem gibt es das Dilemma, das über kurz oder lang ja doch die EBE aufräumen muss, selbst wenn den Mitarbeitern dabei, Entschuldigung, zum Kotzen zumute ist. Klappt doch alles, sagt sich da der Straßenverschmutzer. Und am nächsten Tag kann die Müllsafari im öffentlichen Raum dann munter vorn vorne losgehen.

„So kann es nicht mehr weitergehen“, sagt der EBE-Chef und fordert eine breite Anstrengung aller in der Stadtgesellschaft. Ja, das ist tatsächlich nötig. Basis für alles können eigentlich nur robustere Sanktionen sein. Wer diese durchsetzen will und mit wem, steht aber völlig in den Sternen. Und wenn die örtliche Politik es sogar schafft, engagierte Bürger zu frustrieren statt sie einzubinden, fällt ein optimistisches Schlusswort hier schwer.