Essen. Probleme gebe es keine: Die Verschattung halte sich in Grenzen, es gebe genügend neue Parkplätze, die Einbindung in den Stadtraum sei gegeben.

Ein Hochhaus an der Huyssenallee – es war abzusehen, dass ein solches Bauvorhaben nicht ohne Protest über die Bühne gehen würde. Die „Bürgerinitiative Huyssenallee“ hat bereits mit Klage gedroht, sollte das 60 Meter hohe Wohnhaus von der Stadt grünes Licht erhalten. Hauptkritikpunkte: Der Turm sei ein Bruch mit der bisherigen Formensprache an der Allee, die Balkone kragten unüblich meterlang aus, schließlich müsse die Philharmonie abends zeitweise den Strahl der untergehenden Sonne entbehren.

Der Anwohner Paul Jüngst, der vor einigen Jahren ein Nachbarhaus an der Huyssenallee erwarb, spricht im Zusammenhang mit dem Turm gar von einer „Bausünde“. Von den 19 geplanten Geschossen müssten zehn wegfallen, da nur so ein „harmonisches Einfügen“ in die Umgebung möglich sei. Wohnhochhäuser seien zudem keine zeitgemäße Art, neuen Wohnraum zu schaffen.

All das sieht Essens Planungsdezernent Hans-Jürgen Best vollkommen anders. „In allen Metropolen der Welt, auch in Deutschland, werden selbstverständlich Wohnhochhäuser gebaut.“ Entscheidend sei die Lage und die hohe architektonische Qualität des Baukörpers. „Ich bin sehr zufrieden mit dem, was uns als verbindlicher Entwurf vorliegt.“ Auch die anderen, geäußerten Bedenken hält die Stadtverwaltung für wenig stichhaltig. Zwar werde es „im Umfeld zu einer geringfügig erhöhten Verschattung zu bestimmten Jahreszeiten kommen“, doch sei dies „in einem innerstädtischen und hochverdichteten Bereich“ üblich und unvermeidbar, heißt es in einer Ratsvorlage.

Da die gesetzlich verlangten Abstände zu den Nachbarhäusern eingehalten würden, stünde dem Hochhaus in diesem Punkt nichts im Wege. Laut Best ist es zudem falsch davon zu reden, dass hier ein Solitär ohne Bezug zur Umgebung entstehe. Auf der gegenüberliegenden Seite des Stadtgartens rage der RWE-Turm weit höher in den Himmel, und auch die teils denkmalgeschützte Hochhausgruppe südlich des Essener Hauptbahnhofs befinde sich in unmittelbarer Nähe. Auch diese Hochhäuser sind alle deutlich höher als das jetzt geplante.

Als gelöst betrachtet die Stadt das Thema Parken. Die 200 Stellplätze in der dreistöckigen Tiefgarage seien „mehr als ausreichend“, um den zusätzlichen Bedarf zu decken.

Unstrittig ist aus Sicht von Hans-Jürgen Best, dass Essen gerade hochwertigen Wohnraum weiter dringend brauche. Dass die Wohnungen im Turm ihre Käufer und Mieter finden würden, daran bestehe kein Zweifel. Jede der 19 Etagen wird insgesamt rund 400 Quadratmeter Grundfläche haben, wobei variable Grundrisse mit zwei bis fünf Wohnungen pro Etage vorgesehen sind.

Kleinere Wohnungen wird es nach den Plänen von Bauherr Peter Jänsch eher in den unteren Etagen geben, die größeren dann weiter oben, wo solvente Käufer zum Zuge kommen sollen. Insgesamt verfügt allein das Hochhaus über 7340 Quadratmeter Wohnfläche.

Es ist ein großes Rad, das an der Huyssenallee gedreht wird, Bauherr Peter Jänsch weiß das und hat gehörigen Respekt davor. Immerhin 45 Millionen Euro sollen die Neubauten und die Sanierung eines Altbaus insgesamt kosten, sein Projekt gilt als Schlüssel für die weitere Gesundung einer Prachtallee, die seit Jahrzehnten auf der dicht bebauten westlichen Seite ihr Potenzial nur unzureichend ausschöpft. Zudem sorgt ein Hochhaus nahezu immer für mehr Aufmerksamkeit als jeder Flachbau – und für Emotionen.

Nicht zuletzt auf Wunsch der Stadt hat der Bauherr die renommierte Düsseldorfer Architekturfirma HPP mit den Entwürfen beauftragt, obwohl dies den Gesamtpreis selbstredend erhöhte. „Es hat sich gelohnt, ich bin froh, diesem Rat gefolgt zu sein“, sagt Jänsch. HPP hat in aller Welt Hochhäuser gebaut und viel Erfahrung in diesem Segment. Gemeinsam mit seinem Stamm-Architekturbüro VSI aus Bottrop, das später die Bauleitung übernehmen solle, sei ein gut eingespieltes Team am Werk, dem er voll vertraue.

Jänsch ist Unternehmer und will mit Bauen Geld verdienen, was legitim ist. Aber es sagt auch: „Ich will hier etwas schaffen, das auch in 30 Jahren noch als zeitlos schön empfunden wird.“ Gerade in der Nachbarschaft der Essener Kulturbauten verbiete sich banale Architektur, ebenso falsch sei aber Effekthascherei. Auch letzteres ist gerade Star-Architekten wahrlich nicht fremd. Mit dem ausgewählten Entwurf glaubt Jänsch den schmalen Grat getroffen zu haben. Die Gestaltung der vorderen Fassade mit den bewegten Balkonen will er als bewusste Reverenz an Alvar Aalto, den Architekten des nach ihm benannten Opernhauses gegenüber, verstanden wissen.

Es kann noch ein steiniger Weg sein bis zum ersten Spatenstich, der im nächsten Jahr vorgesehen ist, Transparenz und Auskunftsbereitschaft sollen ihn ebnen helfen. Projektleiterin Kerstin Memering ist daher für Fragen unter 43708 116 oder per Email erreichbar: kerstin.memering@jvv-essen.de