Stefan Migge spielt für sein Leben gern, ob im Osten oder im Westen. Das neue Ensemblemitglied des Schauspiels kommt aus Chemnitz nach Essen.
- Stefan Migge ist neues Ensemblemitglied des Schauspiels, er spielte zuvor in Chemnitz.
- In Essen spielt er am Grilo-Theater im „Leben des Galilei mit“, unter Regie von Konstanze Lauterbach.
- Migge arbeitete auch als Jugendclubleiter und Dozent, Requisiteur und Techniker.
Bretter, die die Welt bedeuten, gehören zum Dasein von Stefan Migge wie die Butter zum Brot. Nicht nur, weil er Schauspieler ist. Der Genussmensch kocht und wandert in seiner freien Zeit und spielt leidenschaftlich gern Brettspiele. Die Antwort auf die Frage, warum er ausgerechnet in der Ruhrmetropole gelandet ist, muss also lauten: „Wegen der Spielemesse.“ Ein „auch“ schiebt er hinterher. „Ich wollte gerne zurück in den Westen. Und in Essen gab es eine Vakanz.“
Groß und gut hat der „Spätberufene“ bisher gespielt. Dabei geriet er mit 17 oder 18 ohne ernste Absichten in die Theatergruppe der Schule. Das Spielen machte ihm solchen Spaß, dass er sich in zwei Jahren 19 Mal an staatlichen Schauspielschulen bewarb - vergeblich. Er zeigte Durchhaltevermögen, arbeitete als Requisiteur und Techniker, bevor ihm eine private Schule in Mainz den Weg auf die Bühne ebnete. Zehn Jahre spielte er hüben wie drüben und fühlte sich ganz wohl im Osten. Dass er aus dem reichen Westen kam, war nie von Nachteil gewesen. Mainz, Darmstadt, Zittau, Chemnitz gehörten zu den Stationen des gebürtigen Wiesbadeners. In Altenburg-Gera erhielt er sein erstes Engagement bei Uwe Dag Berlin, der ihn sofort mit Richard III. herausforderte.
Stefan Migge spielt unter anderem Hamlet
Später gesellten sich Karl Moor aus „Die Räuber“, Mozarts Konkurrent Salieri aus „Amadeus“ unter Carl-Herrmann Risse und ein preisgekrönter „Hamlet“ unter Bogdan Koca hinzu. Die härteste Figur aber war die des römischen Gewaltherrschers in „Caligula“. „Nie hat mich eine Rolle so im Leben erwischt und das Hinterfragen der eigenen Person ausgelöst“, berichtet Stefan Migge von Robert Czechowskis „Todeselegie“. Polnische Regisseure wie er oder Koca haben ihn besonders geprägt. „Sie sind extrovertierter, theatraler als andere. Da ist man als Schauspieler wie ein Schwamm, der alles aufsaugt.“
Einblicke in seinen Darstellungsfundus ermöglichte er immer wieder - als Leiter des Jugendclubs Chemnitz, als Dozent im Rollenstudium an der Hochschule Felix Mendelssohn-Bartholdy, als Ansprechpartner für wissbegierige Talente wie den heutigen Freund und Kollegen Philipp Noack.
Bei Migge stellte sich in Chemnitz Unwohlsein ein
Doch irgendwann stellte sich in Chemnitz Unwohlsein ein. „Wenn man aktuelle politische Themen, die vor der Haustür passieren, ausblendet, weil man ein konservatives Publikum nicht verprellen will, halte ich das für gefährlich“, betont der 36-Jährige. „Da marschieren Nazis durch die Stadt. Da kann man doch nicht nur ,Die drei von der Tankstelle’ spielen.“ Gegen Leichtigkeit mit Anspruch hat er gar nichts einzuwenden, sieht das Freilufttheater, mit dem Osttheater im Sommer Zuschauerschwund bekämpfen durchaus positiv. „Könnte man hier auch anbieten, zum Beispiel auf dem Kennedyplatz.“
Für den Mann, der bisher noch keine Wurzeln geschlagen hat, fühlte sich Essen gleich gut an. „Mir gefällt das lebendige Miteinander, und dass auch politische Themen angerissen werden“, erklärt Stefan Migge seine Haltung. Der Klassiker-Fan ist für manch spannende Rolle bereits eingeplant. Aber er möchte auch mehr Erfahrungen mit zeitgenössischen Stücken machen und möglichst viele Regiefarben mitnehmen. Wie die von Konstanze Lauterbach in „Leben des Galilei“.
Am Grillo-Theater spielt er in „Leben des Galilei“
Er kennt sie übrigens aus seinen Anfängen als Requisiteur und Techniker am Staatstheater Wiesbaden. Jetzt verkörpert er in ihrer Inszenierung den widersprüchlichen Schwiegersohn Ludovico am Grillo-Theater. „Wie das Leben so spielt“, sagt er.
>>> Stefan Migge ist noch im Grillo-Theater zu sehen
In dieser Spielzeit ist Stefan Migge noch in „Leben des Galilei“ am 9. Juli im Grillo-Theater zu sehen und am 14. Juli in „Dämonen“.
In der Jubiläumsspielzeit des Schauspielhauses trifft er zum zweiten Mal in seinem Leben auf Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. Diesmal als Butler Boby. Premiere wird am 29. September gefeiert. Es folgt ab 1. Dezember die Rolle des Jonas in der Komödie „Willkommen“.
Karten/ Termine: 0201/8122 200 oder www.schauspiel-essen.de.