Vor acht Jahren begannen Eisenbahner der Hespertalbahn ein Großprojekt. Sie restaurierten eine komplette Dampflok – Investition: 120 000 Euro.

  • Alte Dampflok wurde in ihre Einzelteile zerlegt und Stück für Stück wieder zusammengesetzt
  • Hobby-Eisenbahner arbeiten nur am Wochenende und sich ihre Kenntnisse selbst beigebracht
  • Früher haben sie ihre Oldtimer unter freiem Himmel oder in einem Zelt gewartet und repariert

Immer ordentlich Druck auf dem Kessel, das wünschen sich die Hobby-Eisenbahner vom Verein Hespertalbahn. Doch genau da hapert es im Moment, denn beide Dampfloks stehen in der Werkstatt. An einem ihrer Klassiker schrauben die Bahn-Enthusiasten schon im achten Jahr, doch in zwei Wochen soll die Lok – vorerst probeweise – endlich wieder befeuert werden.

Das Herz der Hespertalbahn liegt nahe dem Hardenbergufer, nur wenige Waggonlängen vom Alten Bahnhof Kupferdreh entfernt. Es ist Freitag und der Lokschuppen liegt im warmen Licht der Abendsonne. Vor dem Hangar sitzt Wolfgang Meinert (54), ganz rustikal im Blaumann, und gönnt sich eine Pause: „Immer hereinspaziert, das Tor ist offen.“ Normalerweise wird im Lokschuppen nur am Wochenende gewerkelt, „weil wir alle auch noch einen Beruf haben“, wie Vorsitzender Roland Kirchhoff sagt. Doch im Moment sind Sonderschichten angesagt. „Unsere Gäste fahren lieber unter Dampf, statt mit der Diesellok. Das merken wir auch beim Ticketverkauf.“

Wolfgang Meinert überprüft das Fahrgestell der Lok. Die Achsen sind riesig, doch die Toleranzen sind klein.
Wolfgang Meinert überprüft das Fahrgestell der Lok. Die Achsen sind riesig, doch die Toleranzen sind klein. © Stefan Arend

Vorsitzender arbeitete 23 Jahre lang als Lokführer

Roland Kirchhoff ist Eisenbahner aus Überzeugung. Mit 16 Jahren machte er ein Ausbildung bei der Deutschen Bahn. Insgesamt 23 Jahre lang stand er als Lokführer seinen Mann. „Mein Traumberuf“, wie er sagt. Zwischenzeitlich wollte er mal Architektur studieren, „doch da hatte ich wohl einen schwachen Moment.“ Heute arbeitet er als Abteilungsleiter bei DB Cargo. Dem Verein schloss er sich 1979 an, da war der Klub gerade vier Jahre alt. „Aber wir sind hier alle ein wenig verrückt – im positiven Sinne, versteht sich.“

Im Lokschuppen liegt der Geruch von Motoröl in der Luft. Neugierige holen sich schnell schwarze Finger. „Wer gut schmiert, der gut fährt“ lautet auch bei der Hespertalbahn die Devise. Doch schmutzige Hände stören hier niemanden. Auch nicht Joachim Derpmann, Kirchhoffs Stellvertreter. Er schraubt gerade wieder an der „D5“, ein stählerner Koloss von 56 Tonnen Gewicht. Die Lok, Baujahr 1956, war früher bei der Firma Elektromark Hagen im Einsatz. „Die haben wir 1978 auf ihren eigenen Rädern, aber nicht aus eigener Kraft aus Herdecke hierher gezogen.“ Zwei Jahre später verrichtete sie treu ihren Dienst. Vom Wechsel einiger Verschleißteile abgesehen. „Dazu gehören auch die Rauchrohre, die das Wasser im Kessel erwärmen“, sagt Derpmann. Mit etwas Routine kann man 20 davon innerhalb einer Stunde wechseln. „Doch davon gibt es eben 320 Stück.“

Der Kessel hat allein 320 Rauchrohre

Arbeiten in der Rauchkammer: Justin Rausch (oben) ist erst 14 Jhare alt, aber schon zwei Jahre im Verein der Hespertalbahn dabei – genau wie sein Vater, der schon lange Zeit Hobby-Eisenbahner ist.
Arbeiten in der Rauchkammer: Justin Rausch (oben) ist erst 14 Jhare alt, aber schon zwei Jahre im Verein der Hespertalbahn dabei – genau wie sein Vater, der schon lange Zeit Hobby-Eisenbahner ist. © Stefan Arend

Später kam die „Lok D8“ hinzu, die der Verein für einen Euro von der Ruhrkohle AG erwarb. „Irgendwann reifte die Idee, den Vorgänger zu restaurieren“, sagt Derpmann. Im Jahr 2009 ging es los, doch das Projekt zog sich hin: „Je mehr du auseinander schraubst, desto mehr Probleme tauchen auf.“ Sämtliche Armaturen am Kessel und im Führerhaus wurden aufgearbeitet und teilweise erneuert, das Fahrwerk zerlegt und komplett neu gelagert. Auch die Bremsen, der Kohlentender und die Wasserkästen wurden ersetzt.

Alle Arbeitsschritte werden dokumentiert

„In den acht Jahren haben wir knapp 120 000 Euro investiert“, rechnet Kirchhoff vor. „Ein Profi hätte das sicher schneller hingekriegt, dafür aber locker das Dreifache gekostet.“ Alle Arbeitsschritte hat Derpmann, ein gelernter Maschinenbautechniker, penibel dokumentiert. „Wir wissen schon, was wir hier machen, die meisten sind vom Fach.“ Kirchhoff lobt: Der Joachim hat hier sogar per Hand genietet. Das macht heute kaum noch einer.“. Nun sind alle darauf erpicht, dass die Lok bald wieder auf Reisen geht: „Das wäre eine Bestätigung für unsere Team und die viele Arbeit, die wir investiert haben“, sagt Derpmann.

>> LOKSCHUPPEN STEHT SEIT ZWEI JAHREN

Acht Jahre lang haben die Eisenbahner von der Hespertalbahn geschuftet, um ihren „Dauerpatienten“, die Dampflok D5, wieder auf Vordermann zu bringen. Vielleicht wäre es schneller gegangen, wenn sie ihren Lokschuppen schon früher hätten nutzen können. Doch der ist gerade einmal zwei Jahre alt.

„Früher standen die Loks noch an unserem Bahnhof an der Zementfabrik, da, wo jetzt die Wohnsiedlung Seebogen gebaut wurde“, erklärt Roland Kirchhoff. Dort wurden die Loks auch gewartet und repariert, „unter freiem Himmel und zwischen Brombeersträuchern.“ Das war alles andere als komfortabel. Oft musste eine einfache Plane herhalten, um die Oldtimer vor Regen und Schnee zu schützen. „Manchmal haben wir zwei Monate lang nur Zelte gebaut, um überhaupt mit der Aufarbeitung der Dampflok weitermachen zu können“, erinnert sich Joachim Derpmann. Schon deshalb relativiert sich die lange Zeit der Aufarbeitung. „Verzögerungen gab es eigentlich keine.“

Für alle ist der Lokschuppen ein Paradies. „Hier haben wir alles, was wir brauchen“, sagt Derpmann. Eine Werkshalle, Dusche und einen Aufenthaltsraum. Darin befindet sich ein altes Schild, das früher am alten Lokschuppen der Zeche Pörtingsiepen in Fischlaken hing: „Bitte nichts beschädigen, Anlagen werden weiter genutzt“, steht da geschrieben. Ein treffendes Motto, das noch heute gilt.