Essen. . Der Versuch einer libanesischen Paralleljustiz scheiterte. Trotz mauernder Zeugen muss ein libanesischer Autohändler neun Jahre ins Gefängnis.

  • Autohändler Rabih D. wegen versuchten Totschlags zu neun Jahren Gefängnis verurteilt
  • Versuch einer "libanesischen Paralleljustiz" darf als gescheitert gelten
  • Verurteiltem passte die Beziehung seiner Tochter zu einem 19-Jährigen nicht

Die Zeugen mauerten in diesem Streit unter libanesischen Clans, doch das beeindruckte die XXI. Strafkammer am Landgericht Essen nicht weiter. Am Mittwoch verurteilte sie den Essener Autohändler Rabih D. (38) wegen versuchten Totschlags zu neun Jahren Gefängnis. Einbezogen in diese Strafe sind vier Jahre Haft, die er am Dortmunder Landgericht wegen Drogenhandels kassiert hatte.

Damit dürfte wieder einmal der Versuch einer „libanesischen Paralleljustiz“ als gescheitert gelten. Wie in der Vergangenheit von anderen Gerichten praktiziert, stützte die XXI. Kammer als Schwurgericht ihr Urteil auf die belastenden Aussagen von Zeugen bei der Polizei, betonte Richter Johannes Hidding.

Heftiger Streit unter Familienclans

Laut Urteil passte es Rabih D. nicht, dass seine 16 Jahre alte Tochter mit einem 19-Jährigen aus einer anderen libanesischen Familie zusammen war. Deshalb sei er am 31. Juli 2014 mit 20 Mitstreitern ins Eltingviertel am Rande der Nord-City gefahren. Unvermittelt sollen sie auf die gegnerische Familie eingeschlagen haben. Rabih D. soll der Mann gewesen sein, der dem Vater des 19-Jährigen eine tiefe Schnittwunde am Hals versetzt haben soll.

Im Sommer 2015 hatte die II. Strafkammer als Schwurgericht erstmals versucht, die Tat aufzuklären. Damals widerriefen die Zeugen der Opferseite aber ihre ursprünglich belastenden Aussagen gegen Rabih D.. Sie hätten ihm damals eins auswischen wollen, sagten einige Zeugen. Das Opfer selbst gab an, sich nicht erinnern zu können und keinen der Angreifer erkannt zu haben.

In Dortmund bereits wegen Drogenhandel verurteilt

Die Verhandlung platzte, weil einer der Richter in Elternzeit ging. Ein neuer Termin eilte nicht so sehr, weil Rabih D. auch für die Dortmunder Justiz in Untersuchungshaft saß. Er galt als einer der Finanziers des Drogenhandels in der dortigen Nordstadt. Deshalb verurteilte ihn das Landgericht Dortmund zu vier Jahren Haft.

Im neuen Essener Verfahren wegen versuchten Totschlags schwiegen sowohl der Angeklagte als auch die Zeugen. Das Gericht vernahm deshalb die früheren Vernehmungsbeamten.

Gericht rekonstruiert frühere belastende Aussagen

„Sehr detailreich und umfassend“ seien die belastenden Aussagen der Opferseite aus dem Sommer 2014 gewesen, gab Richter Hidding am Mittwoch die Überzeugung der Kammer wieder.

Die Zeugen der Opferseite dürften jetzt wohl ein Verfahren wegen Falschaussage bekommen. Im ersten Verfahren im Sommer 2015 hatte Richter Labentz ihre Aussagen wörtlich zu Protokoll genommen. Den Grund nannte er damals auch: „Es besteht der Verdacht auf eine Falschaussage.“