Essen. . Das Grugabad gilt seit 2014 als denkmalwürdig,doch die Stadt Essen trägt es nicht in die Denkmalliste ein.Grüne und Linke ärgert die Verzögerung.
- Seit drei Jahren verschleppt die Stadt Essen den Denkmalschutz für das Grugabad
- Das Rheinische Amt für Denkmalpflege will das größte Freibad der Stadt seit dem Jahr 2014 unter Schutz stellen
- Die Stadt fürchtet, dass damit neue Planungen für das sanierungsbedürftige Bad erschwert werden
Es sei „nicht mehr wegzudenken“, ein Bad, das zur Schwimmkultur des Reviers gehöre, so hat es die Stadt dieser Tage formuliert. „Unser Grugabad bleibt erhalten“, so hat es Oberbürgermeister Thomas Kufen jüngst versprochen. Diesen Bekenntnissen zum Trotz verschleppt die Stadt den Denkmalschutz für Essens größtes Freibad – seit nunmehr fast drei Jahren.
Am 10. September 2014 hatte das Rheinische Amt für Denkmalpflege bei der Stadt den Antrag gestellt, das Grugabad in die Denkmalliste einzutragen. „Die Eintragung ist aber trotz mehrfacher Nachfragen bisher nicht vollzogen worden“, teilt Pressesprecherin Sabine Cornelius vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland mit. Im November 2016 habe man daher die Bezirksregierung in Düsseldorf als Obere Denkmalbehörde angeschrieben. „Sie kann als Aufsichtsbehörde tätig werden und die Stadt anweisen, die Eintragung vorzunehmen“, erklärt Cornelius.
Tatsächlich forderte die Bezirksregierung die Stadt auf, bis zum 10. Februar 2017 zu berichten, wieso das Grugabad nicht als Denkmal eingetragen wurde. Am 23. Januar antwortete die Stadt, man habe die Unterschutzstellung selbst angeregt und mit dem Verfahren „bereits begonnen“. Die Aufseher aus Düsseldorf verzichteten daher auf eine Weisung, zumal es keine Gefährdung für das Denkmal Grugabad gebe, wie eine Sprecherin sagt.
Linken-Fraktion ärgert sich über Verzögerungstaktik
Die Ratsfraktion der Linken aber ärgert sich über die Verzögerungstaktik: Im August 2015 habe der zuständige Planungsausschuss das Okay für die Unterschutzstellung des Bades geben sollen, erinnert der Linke Wolfgang Freye. „Dann wurde es auf Antrag von SPD und CDU von der Tagesordnung genommen und bis heute nicht wieder draufgesetzt.“ Eine Kostenexplosion hatte die große Koalition damals befürchtet, und noch heute mahnt der Ausschussvorsitzende Thomas Rotter (SPD): „Eine Unterschutzstellung kann einiges kaputt machen. Wir sollten das nicht übers Knie brechen.“
Ähnlich sieht es Planungsdezernent Hans-Jürgen Best: „Denkmalschutz wird viel zu wenig diskutiert und viel zu oft verordnet.“ Best will die Ideenwerkstatt abwarten, zu der die Stadt zwischen 29. Juni und 15. September Bürger und Experten einlädt. Bei abnehmenden Besucherzahlen mache das Bad Jahr für Jahr etwa 1,5 Millionen Euro Verlust. Nun müsse man ermitteln, ob man es etwa als Ganzjahresbad oder Wellness-Oase auf eine solidere Basis stellen könne – oder nicht.
Die Verschleppung des Denkmalschutzes sei gewollt
„Es hat keinen Sinn, vorher jede Seifenschale unter Schutz zu stellen“, ätzt Best. Auch den Hinweis, dass im wesentlichen die Tribüne, der Sprungturm und die Elefantenrutsche als denkmalwürdig gelten, kontert er: „Die Rutsche ist eine schöne Skulptur, aber muss sie unbedingt ein Denkmal sein?“ Die Verschleppung des Denkmalschutzes sei gewollt, möglichen Ärger mit der Bezirksregierung warte er gelassen ab. „Wichtig ist, dass wir in den Workshops frei denken können.“ Das wünscht sich auch die Grüne Hiltrud Schmutzler-Jäger: „Aber um Ideen für das Grugabad zu entwickeln, müssen die Bürger doch vorher die Rahmenbedingungen kennen.“ Dazu zähle ganz zentral der Denkmalschutz: „Das heißt ja nicht, dass keine Kachel mehr bewegt werden darf.“
Grugabad immer noch ein Publikumsmagnet
Wann immer von der Zukunft des 1964 eröffneten Grugabades die Rede ist, werden jene 350 000 Besucher erwähnt, die es in seinen Anfängen pro Saison lockte. Seither ging die Zahl der Badegäste dramatisch zurück, stieg der Sanierungsbedarf auf 15 Millionen Euro. Kurzerhand schlug die Kölner Beratungsfirma Rödl & Partner im Jahr 2015 vor, das Grugabad zu schließen. 1,3 Millionen Euro könne man so jährlich einsparen.
Wenig beachtet wird jedoch, dass das Grugabad unter den heutigen Gegebenheiten weiter ein echter Publikumsmagnet ist: 49 Freibäder hat der Regionalverband Ruhr 2015 verglichen, nur zwei hatten mehr als 100 000 Besucher: Witten Annen (130 000) – und das Grugabad (124 000). Nur drei weitere kamen über 60 000 Badegästen: Elsebad Schwerte (79 000), Südbad Hamm (73 000), Wellinghofen Dortmund (67 000). Zahlen, die den vermeintlichen Niedergang des Grugabades relativieren.
Bleiben die oft monierten hohen Kosten. Dazu sei ein Vergleich mit der Essener Kultur erlaubt: Die Häuser der Theater und Philharmonie (Tup) hatten zuletzt 321 276 Besucher. Die fünf Freibäder hatten 325 000 Gäste. Der Etat der Tup betrug 59,9 Millionen Euro: 45,3 Millionen Euro davon waren Zuschüsse, 14,6 Millionen Euro nahm man ein. Die fünf Freibäder hatten ein Gesamtbudget von fast 4,5 Millionen Euro und nahmen 500 000 Euro ein.
Der Vergleich zwischen Bühne und Bad hinkt zwangsläufig, Doch er relativiert den Vorwurf, das Saisongeschäft Freibad habe kaum Publikum, die Kosten pro Gast seien viel zu hoch. Schon angesichts der immensen Sanierungskosten muss man natürlich versuchen, die Einnahmen weiter zu verbessern. So schlug Rödl & Partner vor zwei Jahren vor, den Eintritt für die Freibäder von 4 Euro auf 4,50 Euro anzuheben. Ebenso wünschenswert ist es, das Grugabad noch attraktiver zu machen. Man sollte aber wissen, das Freibäder bundesweit im Schnitt 55 500 Gäste zählen – das Grugabad lockt doppelt so viele.