Essen. . Gut 180 Millionen Euro für die Sanierung der alten Polizeischule? Der Standort steht infrage, die Alternative liegt 350 Meter Luftlinie entfernt.
- Polizeipräsident Frank Richter wollte den Planungsauftrag offenbar nicht absegnen
- Ein Mietvertrag für das Karstadt-Gelände nebenan liegt offenbar unterschriftsreif vor
- Einziger Wermutstropfen: Das Trainingszentrum müsste an anderer Stelle entstehen
Seit gut zwölf Jahren knobeln sie schon daran herum, aber ihren kniffligsten Fall – einen in eigener Sache – bekam die Essener Polizei bislang nicht gelöst.
Dabei hatten sich die Verantwortlichen nach langem Hin und Her doch endlich durchgerungen: Die alte denkmalgeschützte Polizeischule an der Norbertstraße, die schon seit geraumer Zeit vor sich hin bröselt, sollte zu einem modernen Polizei-Stützpunkt aufgemöbelt werden: mit Unterkünften und Trainingsmöglichkeiten, Werkstatt und Wirtschaftsgebäuden. Mit Schießstand und Büros für rund 700 Beamte der Spezialeinheiten sowie der Einsatzhundertschaft und der polizeilichen Sonderdienste. Nicht zu vergessen: mit einer neuen Wache als Ersatz für den Standort an der Grugahalle.
Bagger sollten schon vor Wochen anrollen
In diesen Wochen sollten die Bagger an der Norbertstraße 165 anrollen, so hatte man sich den Zeitplan noch Ende 2015 ausgemalt, aber da stand ja auch noch nicht jene astronomische Summe im Raum, die der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW für die Ertüchtigung des Komplexes ermittelt haben soll: 180 Millionen Euro, vielleicht auch mehr, wie manche Quellen raunen.
Man muss kein Immobilienexperte sein, dass einem eine solche Zahl den Atem raubt. Bei einer Nutzfläche von 35 000 bis 40 000 Quadratmetern würde dies einem Quadratmeter-Preis von 4500 bis 5000 Euro entsprechen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die zu entrichtende Miete.
Die Alternative liegt 350 Meter Luftlinie entfernt
Eine Miete, gezahlt aus Steuergeldern. Und offenbar keiner weit und breit, der sich anschickte, die Reißleine zu ziehen – bis auf den Essener Polizeipräsidenten Frank Richter. Der lehnte es dem Vernehmen nach ab, einen Planungsauftrag abzusegnen, der allein schon ein zweistelliges Millionen-Volumen umfasst hätte.
Geht es nicht auch preiswerter? Es geht, das erweist sich bereits 350 Meter Luftlinie entfernt von der alten Polizeischule – auf dem Gelände der Karstadt Hauptverwaltung. Der Kaufhaus-Riese hat sich spürbar kleiner gesetzt, das Grundstück gehört inzwischen dem auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Finanzinvestor Publity.
Mietpreis liegt mehr als die Hälfte darunter
Und der offeriert der Polizei offenbar einen Mietvertrag zu Konditionen, die die Quadratmeter-Miete einer nach Vorstellung des BLB sanierten Polizeischule um mehr als 50 Prozent unterbieten. Einziger Wermutstropfen: das Trainingszentrum müsste ausgelagert werden, aber auch dafür hat man wohl schon einen Standort im Blick.
Ob die polizeiliche Odyssee damit ein Ende hat? Ob nach Manfred- , Veronika- und Norbert- mit der Theodor-Althoff-Straße endlich jener Standort gefunden ist, nach dem so lange polizeilich gefahndet wurde? Der Vertrag soll unterschriftsreif sein, die Entscheidung fällt unter einem neuen Minister.
„Dieses Denkmal an dieser Stelle braucht niemand“
Und der wird zumindest den einen oder anderen Gedanken daran verschwenden, wie man die seit 1986 denkmalgeschützte Polizeischule in Bredeney ansonsten nutzen soll, zumal der Schutz erst 2011 auch auf die Außenanlagen erweitert wurde. „Keiner hat den Mut, den Bau infrage zu stellen“, beklagen Kritiker in städtischen Reihen, die lieber nicht öffentlich Flagge zeigen wollen: „Dieses Denkmal an dieser Stelle braucht niemand.“
Es ist zumindest im Stadtbild nicht präsent, was hier und da in Amtsrunden die Frage aufwirft, ob man die Denkmal-Entscheidung nicht rückgängig machen oder wenigstens lockern könne. Für Wohnungsbau etwa. Der Regierungswechsel in Düsseldorf gilt manchem dabei als Chance, die sich ergreifen lässt.
Oder gibt es womöglich einen anderen Entwickler, der das Projekt zu weitaus günstigeren Kosten rechnen könnte als der BLB? Andernfalls, so die Sorge, vergammelt die Immobilie weiter, so wie in den vergangenen 20 Jahren – der Baufälligkeit entgegen.