Essen. . Eine Lehrerin lässt in Essen Bauwagen aufstellen – wohl, um Schüler darin unterzubringen. Privatschule der Frau war 2016 dicht gemacht worden.

  • Zwei Bauwagen und ein Holzhaus sind in Horst aufgestellt worden – offenbar als Quartier für Schüler
  • Das private „Berufskolleg für Wirtschaft“ in Duisburg, das die Lehrerin betrieb, war 2016 geschlossen worden
  • Schon im März 2017 versuchte es die Lehrerin mit einem Container im Stadtteil Werden

Ist ein Bauwagen eine Berufsschule? Ist eine Gartenhütte ein Schullandheim? Mit solchen absurden Fragen plagen sich derzeit Anwohner des Stadtteils Horst und sind einigermaßen entnervt: Eine Lehrerin hat zwei Bauwagen und ein Holzhäuschen mitten in den öffentlichen Raum stellen lassen – offenkundig, damit dort Schüler untergebracht werden können. Genehmigungen der Stadt gibt es nicht.

Ein Schauplatz ist die Straße Falterweg, gediegen gelegen in Ruhr-Nähe mit viel Grün, gepflegte Reihenhäuser, Klinker, Car-Ports. In einer engen Kurve steht seit Mitte Mai ein blau-roter Bauwagen, er sieht ein bisschen aus wie Zirkusgefährt; daran kleben Aushänge eines „Berufskollegs für Wirtschaft Duisburg“; die Zettel haben schon bessere Tage gesehen und erkennbar mehrfach Regen abbekommen. Mit Edding hat jemand auf den Wagen geschrieben: „Nicht anfassen!“ Und das Vehikel sporadisch mit Plastik-Blumentöpfen geschmückt. Ein bizarres Bild.

„Eine nicht genehmigungsfähige und nicht genehmigte Aufstellung von Wohncontainern“

Anwohner sind aus dem Häuschen: „Der Wagen ist hier mit einem Kran hingehievt worden“, berichten sie, „ganz einfach ohne Vorwarnung.“ Jemand rief das Ordnungsamt; die Stadt kam, prüfte und beschied: „Es handelt sich um eine nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige Aufstellung von Wohncontainern.“ So sagt es Stadt-Sprecherin Hannah Hettinger. Weil man nicht einfach Bauwagen in die Landschaft stellen darf, „wurde außerdem ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.“ Wann aber der Bauwagen wegkommt, ist offen. Vorsorglich stellte die Stadt zwei rot-weiße Baken an die Ränder. Verkehrssicherungspflicht“: Sie muss das gesetzeshalber tun.

Keine Genehmigung gibt es übrigens auch für ein Holzhäuschen, das aussieht wie frisch aus dem Baumarkt, wenige hundert Meter weiter. Es wurde Anwohner-Berichten zufolge erst jetzt am Wochenende um einen Teil erweitert. „Schulungszentrum zwei“ sagen sie hier schon sarkastisch. Die Aushänge lassen darauf schließen, dass es auch die Lehrerin war, die das Objekt hat errichten lassen. Und „Schulungszentrum drei“ gibt es auch schon. Im Baumertweg, gleicher Stadtteil, ein weiterer Bauwagen. Die Stadt sagt: „Dieser Fall befindet sich noch in der Prüfung.“

Es gab „Unregelmäßigkeiten“ im Betrieb des Duisburger Berufskollegs

Die Dame, die im Stadtteil für Unruhe sorgt, hat tatsächlich mal eine private „Berufsschule für Wirtschaft Duisburg“ betrieben. Das war zwischen 2014 und 2016. Der Betrieb, der zwischenzeitlich in einem alten Meidericher Postgebäude lief, wurde per Gerichtsbeschluss verboten, die Rede war von „Unregelmäßigkeiten im Unterricht“. Ein ehemaliger Schüler (20), der heute ein Essener Berufskolleg besucht und derzeit seine Lagerlogistik-Ausbildung zu Ende macht, berichtet aus seiner Duisburger Zeit: „Ich sollte plötzlich polnischen Jugendlichen Deutsch beibringen, obwohl ich das gar nicht konnte und die kein Wort verstanden.“ Ständig gab es Umzüge des gesamten Kollegs, und zwischendurch bekam er einfach Zertifikate in die Hand gedrückt, „da war ich dann plötzlich Betriebswirt, ohne je etwas dafür gemacht zu haben.“ Die Lehrerin hatte ihn zuvor von einem Berufskolleg aus Moers abgeworben, dort war sie als Vertretungslehrerin beschäftigt, sie machte ihm Hoffnung auf Job und Ausbildung. Heute sagt der junge Mann: „Ich bin froh, dass ich da weg bin.“

Tatsächlich wirbt die Lehrerin auf Portalen wie „Ebay Kleinanzeigen“ mit Jobs, Deutschkursen, Logistik-Ausbildungsgängen und Wohngelegenheiten – alles zu sehr niedrigen Preisen; die Texte erscheinen auf Deutsch und Polnisch, man richtet sich offenbar gezielt an Jugendliche aus dem östlichen Nachbarland. Manche wilde Bauten, die jetzt in Horst herumstehen, sind mit polnischen Flaggen verziert. Und im Jahr 2015 versuchte die Lehrerin schon einmal, in Essen zu expandieren. Kündigte an, bald Räume an einem Kolleg in Huttrop anzumieten – bloß: Davon erfuhr bei der Essener Schulverwaltung nie etwas, entsprechend wurde nichts draus.

Anwohner beobachten: Lehrerin unterrichtet die Jugendlichen vor ihrem eigenen Haus

Jetzt, im Mai, haben Anwohner die Lehrerin unterrichten sehen – die Jugendlichen saßen vor dem Haus der Frau, die in der Nachbarschaft in Horst wohnt. Und die Homepage der längst geschlossenen Schule macht einen sehr professionellen Eindruck; Hinweise auf das amtliche Ende? Gibt es nicht.

Schon im Frühjahr 2017, im März, schlugen plötzlich Bürger in Werden Alarm: Am Dingerkusweg standen von jetzt auf gleich zwei Wohncontainer herum – auch von der Lehrerin hingestellt, auch ohne Genehmigung. Die Container kamen bald wieder weg.

„Es stellt sich alles ganz anders dar“, sagt die Lehrerin gegenüber der Redaktion und berichtet, von der Nachbarschaft in Horst „gemobbt“ zu werden. Weiter äußern könne sie sich erst in anderthalb Wochen; der weitere Verlauf des Gesprächs verliert sich in Drohgebärden. Als ihr die Schulaufsicht in Duisburg übrigens unangekündigt den Laden schloss, reagierte sie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde: Es seien „Fragen gestellt worden, die fehl am Platz“ gewesen seien.

Fragen können nie fehl am Platz sein. Bauwagen und Holzhäuschen dagegen schon.