Essen. . Zum Urteil gegen den Ex-Chef der EBE. Warum Klaus Kunze nicht aus der Zeit fällt.
Klaus Kunze soll für drei Jahre ins Gefängnis. Mit dem gestrigen Urteil zog das Landgericht einen vorläufigen Schlussstrich unter den „EBE-Skandal“, der 2013 ans Licht kam, als die WAZ von internen Untersuchungen des privaten Mitgesellschafters der Entsorgungsbetriebe, der Firma Remondis, Wind bekam.
Klaus Kunze saß auf der Anklagebank. Bemerkenswert: In den 21 Prozesstagen ging es auch um ein System. Eines, indem Freundschaftsdienste und Gefälligkeiten selbstverständlich sind, in dem politische Beziehungen gepflegt werden, in der eine Hand die andere wäscht. Im Fall Kunze koste es, was es wolle.
Klaus Kunze ist in diesem System groß geworden, als er seine berufliche Karriere in der Stadtverwaltung als Auszubildender in kurzen Hosen begann. Er arbeitete sich hoch bis ins Büro von Oberbürgermeister Peter Reuschenbach, wechselte in der SPD geschickt die Seiten, als Willi Nowack zum starken Mann und Strippenzieher in Fraktion und Partei aufstieg, wurde erst Amtsleiter, dann Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe. Er blieb es 13 Jahre lang, und das – mit dem Segen der Politik – übers Rentenalter hinaus. Auch das kein Zufall.
Es war ein bemerkenswerter Aufstieg, wie Richter Simon Assenmacher zurecht anmerkte. Umso tiefer Kunzes Fall.
Klaus Kunze gefiel sich in seiner Rolle, die er in einer Art ausübte, die mit hemdsärmelig nur unzureichend beschrieben ist. „Es kann nur einen geben“, zitierte Staatsanwalt Hans-Joachim Koch aus einem Filmtitel und kam der Sache schon viel näher. Kunze war der uneingeschränkte Boss bei der EBE. Widerspruch ließ er nicht gelten und ist dennoch bis heute bei manchem Mitarbeiter wohl gelitten. Ein Widerspruch ist das nicht. Kunze konnte auch Kümmerer sein.
Er verstand es, Arbeitnehmer und Betriebsrat auf seine Seite zu ziehen, wie man heute weiß auch mit „krimineller Energie“. Und er hielt Remondis lange vor der Tür, bis sie beim privaten Gesellschafter genug hatten von Kunzes Stil und wohl auch vom damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Oberbürgermeister Reinhard Paß. Den kostete wohl auch der zögerliche Umgang mit Kunze und dem EBE-Skandal das Amt.
Dass Remondis eigene Interessen verfolgte, wohl mehr Macht anstrebte, ist Teil dieser Geschichte in der viel von politischen Interessen die Rede ist. Die Aufklärung des Skandals ließ Remondis sich einen Millionenbetrag kosten, der den Schaden, den Kunze verursachte, noch übersteigt.
Schon als EBE-Geschäftsführer sei Kunze aus der Zeit gefallen, sagen Weggefährten heute. Fakt ist: Die Politik ließ ihn gewähren. Der ein oder andere hatte Sohn oder Tochter bei der EBE untergebracht. Kunzes Nachteil wird es nicht gewesen sein.
Hatte Kunze nicht gemerkt, dass sich die Zeiten ändern? Oder entspricht sein Handeln nicht jener offenbar weit verbreiteten Haltung, in der es stets um den eigenen Vorteil geht? Und sei es nur bei der Terminvergabe im Standesamt?
Kunze hat seine Strafe bekommen. Reue zeigte er nicht, weder vor Gericht und schon gar nicht in jenen Medien, denen er seitenfüllende Interviews gab und den Unschuldigen spielte. Nun steht der 73-Jährige vor den Trümmern seines beruflichen Lebens und muss um seine wirtschaftliche Existenz fürchten. Die EBE verlangt Schadensersatz, mehr als eine Million Euro.
Wäre Kunze mit 65 Jahren ausgeschieden, die Stadt hätte ihn mit allen Ehren verabschiedet. Dies Chance hatte er verpasst.