Essen. Der Essener Caritasverband ist der älteste bundesweit. Seit 120 Jahren kümmern sich seine Mitglieder um die Schwächsten der Gesellschaft.

Wo einst eine „Trinkerheilanstalt“ gegründet wurde, steht heute das Kamillushaus als Fachklinik für Suchtbehandlung. Und während man sich früher um „gefährdete und gefallene Mädchen“ kümmerte, gibt es nun Angebote, die „Nachtfalter“ heißen oder „Teen + Baby“. In 120 Jahren hat sich die Wortwahl bei der Caritas Essen geändert, aber ihr Anliegen ist geblieben: Sich um die Schwächsten der Gesellschaft zu kümmern.

Dafür gab es schon 1897 verschiedenste katholische Anlaufstellen, doch die Wegbereiter der Caritas sahen „die Nothwendigkeit eines engeren Zusammenschlusses“. Gleichzeitig ahnten sie, dass das zu Eifersucht führen könne, dass der neue Verband „mancherorts mit gemischten Gefühlen aufgenommen wird“.

„Schulter an Schulter in einmüthiger Begeisterung“

Darum freut sich der amtierende Essener Caritasdirektor Björn Enno Hermans 120 Jahre später, „dass heute alle Mitgliedsinstitutionen gut zusammenarbeiten und das Jubiläum zusammen feiern“. Für manchen Bürger werden die Festwochen im September Gelegenheit sein, die vielen Adressen und Angebote kennenzulernen, die alle unter dem katholischen Markenzeichen Caritas firmieren: die Malteser und das Marienhaus, der Kreuzbund und der Kita-Zweckverband, das Franz-Sales-Haus und die Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung. Und viele mehr, die nicht eifersüchtig sein sollten, weil sie hier unerwähnt bleiben. 15 000 Mitarbeiter arbeiten unter dem Label Caritas in Kitas, Kliniken, Altenpflege oder Behindertenhilfe.

Weil Essen der älteste Caritasverband bundesweit ist, hat man am Mittwoch an den historischen Gründungsort gebeten, ins Katholische Gesellenhaus an der Steeler Straße 36, heute Heimat des Kolping-Vereins. Hier kamen am 24. Mai 1897 die Pfarrer der Stadtkirchen, der Geheime Sanitätsrat, der Apotheker, Rechtsanwalt und Religionslehrer zusammen, um eine Vereinigung zu bilden, „die unter dem Zeichen des Kreuzes im Dienste der Nächstenliebe thätig“ sein sollte. Geistlichkeit, Vertreter von Anstalten und Laien sollten hier „Schulter an Schulter und in einmüthiger Begeisterung gegen Noth und Elend kämpfen zum Wohle der Nächsten“.

Fürsorge für Diensboten, Kanalarbeiter und Kinder

Wer diese Nächsten waren – das erzählt auch ein Stück Stadtgeschichte. Da mahnte der Weihbischof 1898, das Augenmerk „auf die zuziehende Bevölkerung, besonders auf die Ausländer, die weiblichen Dienstboten sowie die verwahrlosten Kinder zu richten“. Da nahm man zehn Jahre später die „Fürsorge für Kanalarbeiter und italienische Erdarbeiter“ in den Blick und richtete 1914 „den Kriegsliebesdienst“ ein. 1917 legte man den Namen „Katholische charitative Vereinigung“ ab und firmierte als „Katholischer Caritasverband für die Stadt Essen e.V.“

Von der Seelsorge für die Gasthof-Angestellten (1932) über den Kindersuchdienst (1947) und den Afrika-Tag (1985) bis zur aktuellen Flüchtlingshilfe: Die Themen änderten sich, aber noch immer arbeitet man Schulter an Schulter mit den Laien, den Ehrenamtlichen also. Wie sagt Hermans: „Wir stehen in einer großen Tradition und Verantwortung.“

>>>>> FESTWOCHEN IM SEPTEMBER

Die Caritas feiert ihren 120. Geburtstag an diesen Terminen: Sonntag, 17. September, Hochamt im Dom (10 Uhr) und später Empfang im Grillo-Theater.

Mittwoch, 20. u. 27.9.: Veranstaltungen an ungewöhnlichen Orten; Samstag, 23.9., Stadtrundfahrt zu historischen Orten der Caritas; Samstag, 30.9.: Familienfest in der Innenstadt.