Essen. . Rund tausend Teilnehmer nahmen an der Tour „Säen, Ernten, Essen“ teil. Sie wollten wissen, wie und wo sich Essener Bürger selbst versorgen.
Wer sind die Selbstversorger in der Grünen Hauptstadt – und wo und wie bauen sie ihr Gemüse an? Dieser Frage gingen am Sonntag rund 1000 Teilnehmer der Aktion „Säen, Ernten, Essen“ nach. 200 nahmen an geführten Radtouren teil, 300 radelten auf eigene Faust und weitere 500 waren anderweitig unterwegs. 17 Gemeinschaftsgärten, Kleingartenanlagen, Landwirtschaftsbetriebe und Hofläden öffneten ihnen ihre Tore.
„Hier ist Ihre Karte und wenn Sie das Motiv in unserem Garten gefunden haben, dann bekommen Sie einen kleinen Preis“, erklärt Petra Fiedler. In ihrer Hand hält sie ein kleines Bildchen eines Beetes, dessen Suche Pflanzen-Unkundige auf eine Odyssee schicken würde. Denn der Gemeinschaftsgarten Siepental in Bergerhausen hat sich zu einer blühenden Anlage mit zahllosen Pflanzstellen gewandelt, in der sich das Auge schon mal verlieren kann.
Natürlich hilft Petra Fiedler weiter, wenn die Besucher auch nach mehreren Runden im 600 Quadratmeter großen Garten beim „Pflanzen-Memory“ kapitulieren. Die hier selbst gezogenen Bohnensamen zum Selbstanbau sind allen Besuchern des Tages sicher.
Der erste Gemeinschaftsgarten in Essen
Kein Wunder, dass die Organisatoren aus dem Grünen Hauptstadtbüro den Siepengarten ausgewählt haben. Schließlich steht hier so etwas wie die Wiege der Nachbarschaftsgärten dieser Stadt. „Hier haben wir 2013 den ersten Gemeinschaftsgarten ausgewiesen. Mittlerweile sind wir mit den beiden neuen am Altendorfer Lichterweg und an der Grünen Matte in Schuir bei 13. Bis zum Ende des Jahres sollen es 20 werden“, hat sich Umweltdezernentin Simone Raskob, die die rund 13 Kilometer Strecke mit radelt, vorgenommen.
„Wir haben diese Tour bewusst so angelegt, dass die Mitfahrer die unterschiedlichen Sorten der Gärten, Produzenten und Wege der Stadt kennenlernen“, erläutert sie, während die Gruppe über fast ausschließlich grüne Wege die Kleingartenanlage des Gartenbauvereins Steele-Mitte ansteuert, eine von 109 in der Stadt. „In den Kleingärten schlägt das historische Herz des Gärtnerns“, kommentiert Raskob, bevor der Vorsitzende des Stadtverbandes der Kleingärtner, Holger Lemke, die Gruppe begrüßt.
Lange Warteliste für Kleingärten in Essen
Lemke hat derzeit anderes im Sinn, als die Vergangenheit. Am 24. Mai will der Stadtrat über ein Kleingartenentwicklungskonzept beraten. Die Kleingärten seien, wie so oft in der Vergangenheit, Gegenstand der Begehrlichkeiten von Stadtentwicklern und Wohnungsbauern. Dabei, so bemerkt Lemke, laufe der Nachfragetrend in eine andere Richtung. „Wir haben eine Warteliste und ich denke schon, dass man eher neue Gärten braucht. Viele Menschen werden sich eben nie das Häuschchen mit Garten leisten können“, betont er.
Weiter geht es Richtung Mechtenberg in Leithe. Hier betreibt einer der 70 Essener Landwirte, Bauer Budde zusammen mit Andreas Maas den Hof am Mechtenberg mit Hofladen und Café. Die Beiden haben den Trend zum Selbstanbau schon vor fünf Jahren erkannt und vermieten seitdem insgesamt einen Hektar Acker an Privatpersonen, die hier eigene Pflanzen ziehen. „Die Mieter bekommen ein Stück Land, auf dem schon 20 Gemüsesorten wie Kartoffeln oder Tomaten eingepflanzt sind. Bis zu sechs Quadratmeter stehen zusätzlich für eigene Pflanzen zur Verfügung“, erklärt Budde, der sich über fehlende Nachfrage nicht beklagen kann.
Mindestens ein Mal in der Woche bewirtschaften die Mieter hier ihre Parzellen. Unterstützung gibt es natürlich vom Bauer und seinem Partner, einem Bonner Unternehmen. Budde: „Nach einem Jahr ist man ein perfekter Gärtner.“
>>DIE NÄCHSTE TOUR, DAS NÄCHSTE ZIEL
Säen. Ernten. Essen findet wieder statt: am Sonntag, 9. Juli und am Sonntag, 1. Oktober. Infos: www.essengreen.capital/
Bis Jahresende soll Essen 20 Gemeinschaftsgärten haben. Geeignete Flächen hat die Stadt auf einer „Potenzialkarte“ verzeichnet. Karte und weitere Infos zu Gemeinschaftsgärten: www.transitiontown-essen.de