Essen. . Nur in Karnap und Vogelheim schafft der AfD-Politiker das selbstgesteckte Ziel von 20 Prozent. Kurze Wahlparty der Rechtspopulisten.

  • AfD-Zugpferd Guido Reil bleibt in Essen unter seinen Erwartungen
  • Nur in Karnap und Vogelheim schafft der Politiker das selbstgesteckte Ziel von 20 Prozent
  • Wahlparty der Rechtspopulisten dauert nicht lange, schon um 19.30 Uhr gehen in Eckkneipe die Lichter aus.

„Wann kommt Guido?“. Das Zugpferd der Essener AfD wird zwischen 18 und 18.30 Uhr bei der Wahlparty in einer Huttroper Eckkneipe erwartet. Gleich danach, so der Plan, wollte Guido Reil zum Düsseldorfer Landtag durchstarten, wo er, der Liebling der Medien, das Wahlergebnis für die großen Fernsehsender kommentieren sollte.

Nur zwanzig AfD-Mitglieder haben sich kurz vor 18 Uhr in der Gaststätte versammelt. „Wir haben unsere Mitglieder in die Wahllokale geschickt, damit sie bei der Auszählung der Stimmen anwesend sind“, sagt der Essener Parteichef Stefan Keuter. Und fügt hinzu: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Seine Prognose: „Um 19 Uhr wird es hier richtig voll werden.“

Obwohl die Rechtspopulisten wie erwartet zum 13. Mal in Folge den Sprung in einen Landtag geschafft haben, ist die Stimmung in der kleinen Eckkneipe seltsam gedämpft. Nur Stefan Keuter, immer noch ganz im Wahlkampf-Modus, ist bestens gelaunt. Noch bevor um kurz nach 18 Uhr die erste Prognose über den kleinen Bildschirm flimmert, ist er sich sicher: „Wir werden in Essen überdurchschnittlich gut abschneiden.“

Zwei seiner Wahlziele hat Reil nicht erreicht

Und er glaubt auch zu wissen, zu wessen Lasten der AfD-Erfolg gehen wird. „Wir haben der SPD böse weh getan“, sagt er. Jeder der Anwesenden weiß, was gemeint ist. Gewinne für die AfD zu Lasten der SPD – genauso kommt es: Guido Reil, der konvertierte Sozialdemokrat, Steiger und Bergbaugewerkschafter, hat im Essener Norden besonders bei jenen gepunktet, die ihr Kreuz seit jeher bei der SPD gemacht haben.

„Mir war das immer klar, das war genau die Stimmung, die ich hier wahrgenommen habe“, sagt Guido Reil am späteren Abend von Düsseldorf aus. Zur Wahrheit gehört aber auch: Zwei seiner Wahlziele hat Reil nicht erreicht: Er hat kein Landtagsmandat errungen, dazu war die Listenabsicherung zu schlecht, die ihm seine Partei gegönnt hatte. Und er ist auch klar unter seinem Ziel geblieben, im gesamten Nord-Wahlkreis 20 Prozent der Stimmen zu bekommen. Etwas über 13 Prozent werden es am Ende sein. „Borbeck hat mich runtergezogen, aber ich bin dennoch nicht unzufrieden“, sagt Reil.

Mehr als 20 Prozent in seiner Heimatbasis Karnap

In seiner Heimatbasis Karnap und in Vogelheim konnte er die 20-Prozent-Marke zum Entsetzen der SPD klar überschreiten, in beiden Stadtteilen ließ er die CDU weit hinter sich. Ein Achtungserfolg, und der 47-Jährige, der auch bei seinem Arbeitgeber RAG keinen leichten Stand hat, träumt schon von den nächsten Herausforderungen. „Der Wahlkampf geht weiter, ich strebe jetzt eine Kandidatur für die Bundestagswahl an.“ Er rechne sich da durchaus Chancen aus, wer wolle schon wissen, wie das politische Klima im Herbst dieses Jahres sei.

Es ist viertel nach sechs, und der Politstar lässt sich immer noch nicht blicken. „Er war den ganzen Tag mit einem WDR-Team unterwegs“, sagt Keuter und wählt auf dem Handy die Nummer seines Parteifreundes.

Als schnell klar wird, dass Rot-Grün abgewählt wird, hagelt es hämische Kommentare. Die Schadenfreude ist groß, aber die Kneipe wird trotzdem nicht voller. Auch nach 19 Uhr nicht.

„Wir sind immer noch eine junge Partei, die meisten von uns machen das alles zum ersten Mal“,rechtfertigt sich Andreas Lojewski, Landtagskandidat für den Südwahlkreis, schon seit 2013 Mitglied des Kreisverbandes. Man macht auch kein Hehl daraus, wie riskant und gefährlich das offene Bekenntnis zur Alternative für Deutschland sei. „Viele haben Angst“, fügt Lojewski hinzu.

Harald Parussel, der Kandidat für den Wahlkreis 67, nickt. Vor zehn Tagen, bei einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Frohnhauser Markt, hat er den Hass auf die Rechtspopulisten am eigenen Leibe zu spüren bekommen. „Ein schwarz gekleideter, vermummter Typ hat aus zwanzig Metern Eier auf uns geworfen, zwei trafen Harald Parussel“, berichtet Matthias Freutel, der Augenzeuge dieser Attacke war. Der stellvertretende Vorsitzende der Jugend-Organisation „Junge Alternative“, kann verstehen, dass nicht allen in der AfD an diesem Abend zum Feiern zumute ist. „Die Lage in Nordrhein-Westfalen bleibt ja weiterhin prekär.“

Es ist kurz vor halb acht, da ist die Wahlparty schon vorbei. Der letzte AfDler hat gerade seinen Deckel bezahlt und die Kellnerin lässt die Rolläden runter. Stefan Keuter ist schon auf dem Weg zur großen Wahlparty in Düsseldorf, wo er Guido Reil treffen wird.