Essen. Mit der Wahl der neuen Fraktionsführung endet beim EBB zumindest formell die Ära Udo Bayer. Es bleibt zu hoffen, dass die großen Schuhe passen.
Das Essener Bürgerbündnis hat die Ära Udo Bayer formell abgeschlossen und sich eine neue Führung gegeben. Dass dies nicht ganz reibungslos ablief, konnte nicht überraschen. Udo Bayer hat das EBB geprägt mit der Kraft und dem Machtwillen, die diesem Essener Vollblutpolitiker schon in seiner sozialdemokratischen Zeit eigen waren. Seine Dominanz ließ das EBB wie einen monolithischen Block wirken, unter der Oberfläche rumorte es aber kräftiger, als er es selbst wahrnehmen wollte.
Mit dem Durchsetzung seines politischen Ziehsohns Michael Schwamborn als Nachfolger hat Bayer noch mal klar gezeigt, wer Koch und wer Kellner ist. Bayer wollte nicht, dass sein langjähriger Stellvertreter Karlgeorg Krüger neuer EBB-Chef wurde und trieb diesen mit Hilfe des ihm ergebenen Fraktionsapparats in die Resignation. Wahr ist allerdings auch, dass Krüger teils ungeschickt agierte.
Man wird nun jedenfalls sehen, ob Schwamborn die großen Schuhe passen. In der interessierten Öffentlichkeit, aber auch beim EBB, gibt es einige, die das bezweifeln. Der 55-Jährige RAG-Frührentner aus Karnap sollte rasch der These entgegenwirken, er sei nur eine Marionette von Bayers Gnaden und werde vom Patriarchen auch nach dessen offiziellem Rückzug gesteuert.
Ein kluger Schachzug war es, dem eher sozialpolitisch interessierten Schwamborn mit Jochen Backes einen nüchternen, konservativen Finanzpolitiker als Stellvertreter an die Seite zu stellen. Der kritische Blick auf das Ausgabe-Gebaren der Stadt war seit Gründung der vielleicht wichtigste Markenkern des EBB. Vor allem auf diesem Politikfeld gibt es in Essen auch in Zukunft eine echte politische Marktlücke für ein parteiunabhängiges Bürgerbündnis. Das Thema Verteilung von Wohltaten haben schließlich genug andere auf der Agenda.
Udo Bayer hat hier persönlich fraglos große Verdienste. Den Sparwillen zu forcieren, die Haushaltssanierung zu schaffen, das ist mit sein Werk. Er war es auch, der im vergangenen Jahr frühzeitig und als erster vor dem Tunnelblick der Stadtverwaltung warnte, als es um die Frage ging, ob Essen nach dem vorläufigen Abklingen des Flüchtlingsstroms derart viele städtische Asylunterkünfte Essen benötigt. Tatsächlich begann dann das große Abschmelzen bei den diversen Neubauprojekten. Das EBB behauptet, Bayer habe der Stadt rund 100 Millionen Euro erspart. Das mag übertrieben sein, aber eine stolze Millionen-Summe ist es sicherlich.
Bayer hat also einiges geleistet für diese Stadt. Das musste man in seinem Fall aber auch erwarten können. Denn mit weitem Abstand dürfte er über Jahre der am besten bezahlte „ehrenamtliche“ Kommunalpolitiker der Stadt gewesen sein. Aufwandsentschädigungen, Aufsichtsratsmandate, Geschäftsführer der eigenen Fraktion, lukrative Beraterverträge – der heute 70-Jährige hat in Summe auch für sich persönlich viel aus seiner starken Machtstellung beim EBB gemacht. Einen faden Beigeschmack hinterlässt, dass Bayer nach seinem Rückzug ausgerechnet den mit rund 6500 Euro pro Jahr besonders lukrativ dotierten Posten im Verwaltungsrat der Sparkasse behalten will.
Illegal war und ist das alles nicht, das sei noch einmal betont. Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass man gerade kleine Fraktionen und Ratsgruppen unter dem Aspekt der Selbstversorgung kritisch im Blick behalten muss. Hier ist es am leichtesten, sich selbst zum faktischen Berufspolitiker zu alimentieren. Und nicht jeder ist so gut wie Udo Bayer und wenigstens sein Geld wert.