Essen. . Im Wahlkreis Mitte-West ist Britta Altenkamp wieder Favoritin. Möglich aber, dass die CDU näher herankommt. Und es gibt schwer Kalkulierbares.
- Der Wahlkreis Essen Mitte-West ist traditionell eine SPD-Hochburg. Britta Altenkamp favorisiert
- Der Wahlkreis wurde neu zugeschnitten. Auch die CDU-Hochburg Bredeney zählt nun dazu
- Für SPD wird’s wohl knapper. AfD und unabhängige Kandidaten sind Unbekannte auf der Rechnung
Im Essener Westen nichts Neues – so hieß es seit Menschengedenken stets bei Landtagswahlen. Denn für die Sozialdemokraten war der Wahlkreis Essen Mitte-West eine sichere Bank. Seit dem Jahr 2000 ist Britta Altenkamp, die zwischenzeitlich auch Essener SPD-Vorsitzende war, hier die direkt gewählte Abgeordnete. Auch diesmal geht die 52-Jährige als haushohe Favoritin ins Rennen.
Bei der vorgezogenen Wahl vor fünf Jahren holte Altenkamp 52,1 Prozent der Erststimmen. Damit lag um sie um fast 17 000 Stimmen vor der zweitplatzierten CDU, die auf 20,6 Prozent kam. Bei der Landtagswahl zwei Jahre zuvor war der Vorsprung nicht ganz so gewaltig, aber immer noch mehr als deutlich. Rund 11 000 Stimmen waren es 2010.
2012 lag die SPD mit 17000 Erststimmen vorne
Vor fünf Jahren machte die SPD auch bei den Zweitstimmen mit 44,4 Prozent das Rennen. Abgeschlagen dahinter landete die CDU mit 16,8 Prozent, knapp vor den Grünen, die 14,5 Prozent einfuhren. Die FDP erreichte 5,9 Prozent, die Linken nur vier Prozent. Allein die Piraten schafften es auf beachtliche 9,3 Prozent. Bei dieser Wahl spielen sie wie im ganzen Land wohl keine Rolle mehr, dafür ist die AfD nun der neue Mitbewerber.
Den Meinungsforschern zufolge wird es in NRW diesmal ein knappes Rennen, was die CDU womöglich näher an die SPD heranrücken lässt. Im Wahlkreis Mitte-West dürften sich die Mehrheitsverhältnisse zusätzlich wegen des neuen Zuschnitts leicht verschieben. Die Grenzen wurden nach Süden verlegt, die Stadtteile Bredeney und Schuir aus dem Süd-Wahlkreis herausgelöst und dem Wahlkreis Mitte-West zugeschlagen. Hintergrund: In allen vier Essener Wahlkreisen soll in etwa die gleiche Zahl an Wahlberechtigten zur Urne gerufen werden, was nicht mehr der Fall war.
Bredeney und Schuir sind traditionelle Hochburgen der CDU. 2012 holten die Christdemokraten in Bredeney 46,2 Prozent, die SPD nur 29,1 Prozent. Mit Blick auf den 14. Mai wird die CDU dennoch nicht gleich in Euphorie ausbrechen. Ihr Vorsprung betrug in Bredeney 1104 Stimmen. In Schuir waren es dagegen nur 47. Selbst wenn sich diese Abstände bei der Wahl am 14. Mai noch steigern ließen, wird es nicht leicht, die SPD und Britta Altenkamp ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.
Serge Menga und Gero Kühn treten als Parteilose an
Allerdings gibt es ein paar Unbekannte auf der Rechnung. Niemand weiß, zu wessen Lasten die AfD Stimmen absaugt. Zudem gibt es mit dem Ex-Piraten Gero Kühn, der relativ viel Geld für Plakate ausgab, und mit Serge Menga zwei parteilose Kandidaten, durch die sich der Wahlkreis Mitte-West von den anderen drei Essener Wahlkreisen unterscheidet. Serge Menga wurde bundesweit bekannt durch ein selbst gedrehtes Video, das er auf Facebook veröffentlichte, und in dem er über integrationsunwillige Migranten schimpfte.
Fazit: Es könnte im Wahlkreis 67 zumindest interessant werden.
>>>Sie wollen in den Landtag
Britta Altenkamp (SPD)
Die Abgeordnete ist ein Urgestein im Landtag. Seit dem Jahr 2000 hat die 52-Jährige dort ihren festen Platz. Britta Altenkamp hat diverse Funktionen in ihrer Partei inne, sie war stellvertretende Landesvorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfraktion. Sie war SPD-Chefin in Essen, schmiss hin, als Ortsvereine im Norden gegen die Unterbringung weiterer Flüchtlinge demonstrieren wollten. Sie war Juso-Vorsitzende und steht der Arbeiterwohlfahrt vor. Britta Altenkamp ist ausgewiesene Sozialpolitikerin, ihr Ziel für die kommende Legislaturperiode ist eine bessere Finanzierung der Kindertagesstätten. Britta Altenkamp ist verheiratet und wohnt in Holsterhausen.
Brigitte Harti (CDU)
Die 55-jährige Vorsitzende des Ortsverbandes Margarethenhöhe kandidiert, „weil Essen endlich wieder eine CDU-Landtagsabgeordnete braucht“, wie sie selbst sagt. Dafür müsste Brigitte Harti den Wahlkreis schon gewinnen, denn mit Listenplatz 84 steht sie zu weit hinten, als dass es über diesen Umweg zum Einzug ins Parlament reichen dürfte. Brigitte Harti ist Kind einer Arbeiterfamilie mit kroatischem Migrationshintergrund, Integrationspolitik nennt sie neben Innerer Sicherheit und Politik für Senioren als einen ihrer Schwerpunkte. Aufgewachsen ist sie in Essen. Von Beruf ist Brigitte Harti Kommunalbeamtin bei der Stadt Essen, derzeit in Funktion der Verwaltungsbeauftragten für Werden, Kettwig und Bredeney.
Ahmad Omeirat (Grüne)
Im Alter von zwei Jahren kam Ahmad Omeirat mit seiner Mutter und seiner 40 Tage alten Schwester als libanesischer Bürgerkriegsflüchtling nach Deutschland. Die Familie wurde NRW zugewiesen und landete in Essen. Hier ist Ahmad Omeirat längst heimisch geworden und lebt vor, dass man es als Flüchtling und Mitglied der libanesischen Community schaffen kann. Ahmad Omeirat ist mittlerweile deutscher Staatsbürger, 2014 wurde er als Vertreter der Grünen in den Rat der Stadt gewählt. Dort ist er ordnungspolitischer Sprecher seiner Fraktion und setzt sich, wie er selbst sagt, für ein friedliches Zusammenleben in Essen ein. Nun kandidiert er erstmals für den Landtag, allerdings ohne Listenplatz. Der 33-Jährige arbeitet im elterlichen Schmuckgeschäft, ist verheiratet und dreifacher Vater. Er lebt mit seiner Familie in Frohnhausen.
Martin Weber (FDP)
Während seines Germanistik-Studiums in Essen schloss sich Martin Weber der Liberalen Hochschulgruppe an. Damals wollte er noch Lehrer werden. Es kam anders. Zwölf Jahre lang war der heute 41-Jährige Betriebsleiter in der Rüttenscheider Szenekneipe „Schwarze Rose“. Mittlerweile ist er Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Rat der Stadt und Mitglied im Kreisvorstand seiner Partei. Für den Landtag kandidiert er auf dem hinteren Listenplatz 91. Martin Weber ist ledig und wohnt auf der Margarethenhöhe.
Harald Parussel (AfD)
Der stellvertretende Sprecher des AfD-Kreisverbandes Essen war 26 Jahre Mitglied der SPD, bis er 2005 sein Parteibuch abgab. Als Gründe gibt er eine verfehlte Bildungs- und Einwanderungspolitik an, und attestiert der Sozialdemokratie ein gestörtes Verhältnis zu einem „gesunden Patriotismus“. 2015 schloss sich Parussel der AfD an. Nun kandidiert er für den Landtag – ohne Absicherung über die Reserveliste. Der 57-jährige ist in Borbeck geboren und aufgewachsen. Nach dem Abitur am Don Bosco-Gymnasium studierte Parussel Evangelische Theologie und Anglistik auf Lehramt. Seit 1990 unterrichtet er an einer Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen. Harald Parussel ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Er lebt in Bergerhausen.
Jules El-Khatib (Die Linke)
Der jugendpolitische Sprecher der Linken kandidiert auf Listenplatz 28 – zu weit hinten für einen Platz im Landtag. Der gebürtige Kölner ist 25 Jahre, studiert Soziologie und ist Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel. Als Abgeordneter würde er sich für anonymisierte Bewerbungsverfahren einsetzen, so dass Name und Herkunft nicht zum Nachteil werden. Was nur wenige über ihn wissen: Jules El-Khatib ist begeisterter Karnevalist. Er ist ledig und wohnt in Kray.