Essen-Karnap. . Folge 13 unserer Serie “Essener Straßen“ führt nach Karnap. Bis heute sind an der Karnaper Straße einige Industriellenvillen zu sehen.

Wer die Karnaper Straße mit einem Auge für Details entlang spaziert, der bekommt schnell eine Ahnung davon, wie reich der Stadtteil im vergangenen Jahrhundert war. So haben einige prachtvolle Industriellenvillen und Geschäftshäuser den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden. Auch das frühere Karnaper Rathaus, das heute von Privatleuten genutzt wird, ist im Originalzustand erhalten.

Bettina von der Höh und Reinhold Adam vom Geschichtskreis Carnap an der alten Seilscheibe, die seit 1982 an die Zeche Mathias Stinnes erinnert.
Bettina von der Höh und Reinhold Adam vom Geschichtskreis Carnap an der alten Seilscheibe, die seit 1982 an die Zeche Mathias Stinnes erinnert. © Thomas Gödde

„Allerdings fehlen heute der Park und der große Exerzierplatz, auf dem nach dem französischen Krieg um 1870 viel gefeiert wurde“, weiß Bettina von der Höh vom Geschichtskreis Carnap. Auch die bis heute bestehende Schützentradition wurde auf dem Gelände an der Ecke zur Arenbergstraße begründet: 1883 feierten die Karnaper, die sich damals noch mit „C“ schrieben, ihr erstes Schützenfest.

Mit Betriebsbeginn der Zeche Mathias Stinnes zog der Wohlstand ein

Zum Feiern hat die damals noch eigenständige Gemeinde allen Grund: Die Emschertalbahn hatte 1871 ihren Betrieb aufgenommen und mit dem Betriebsbeginn der Zeche Mathias Stinnes 1872 zog der Wohlstand in Karnap ein. „Entlang der Karnaper Straße siedelten sich immer mehr Handwerker an: Schneider, Schuhmacher, Sattler, Barbiere, Schlosser, Steinhauer – Karnap konnte sich selbst versorgen“, weiß Bettina von der Höh.

Eines der am besten restaurierten Häuser der Straße erinnert heute besonders an diesen rasanten Aufschwung: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründete der erste Apotheker des Stadtteils die „Sonnenapotheke.“ Sogar die damals schon angebrachte Sonne strahlt bis heute an der Fassade.

Die Karnaper Straße

Der Wohlstand brachte neben unzähligen Handwerkern auch den ersten Apotheker nach Karnap: Er eröffnete die „Sonnenapotheke“ (l.).
Der Wohlstand brachte neben unzähligen Handwerkern auch den ersten Apotheker nach Karnap: Er eröffnete die „Sonnenapotheke“ (l.). © Geschichtskreis Carnap
Auch dieses Geschäftshaus an der Karnaper Straße 98 ist bis heute erhalten: Es steht an der Einmündung zum Karnaper Markt.
Auch dieses Geschäftshaus an der Karnaper Straße 98 ist bis heute erhalten: Es steht an der Einmündung zum Karnaper Markt. © Geschichtskreis Carnap
Die Karnaper Straße verbindet Essens einzigen Stadtteil nördlich der Emscher mit dem Rest der Stadt. Mit dem Kohlerausch wurde die Straße zur Prachtmeile samt Exerzierplatz. Der fand sich früher an der Ecke Arenbergstraße (r.).
Die Karnaper Straße verbindet Essens einzigen Stadtteil nördlich der Emscher mit dem Rest der Stadt. Mit dem Kohlerausch wurde die Straße zur Prachtmeile samt Exerzierplatz. Der fand sich früher an der Ecke Arenbergstraße (r.). © Michael Gohl
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße.
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße. © Michael Gohl
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße.
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße. © Michael Gohl
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße.
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße. © Michael Gohl
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße.
Multikopter-Aufnahme von der Karnaper Straße. © Michael Gohl
Die alte Seilscheibe erinnert seit 1982 an die Zeche Mathias Stinnes.
Die alte Seilscheibe erinnert seit 1982 an die Zeche Mathias Stinnes. © Thomas Gödde
Unterwegs auf der Karnaper Straße.
Unterwegs auf der Karnaper Straße. © Thomas Gödde
Der Hochbunker an der Karnaper Straße.
Der Hochbunker an der Karnaper Straße. © Thomas Gödde
Das Gebäudeensemble in Höhe der Karnaper Straße 101 ist bis heute erhalten – sogar die Sonne scheint noch von der Fassade.
Das Gebäudeensemble in Höhe der Karnaper Straße 101 ist bis heute erhalten – sogar die Sonne scheint noch von der Fassade. © Thomas Gödde
Das ehemalige Karnaper Rathaus wird heute als Wohnhaus genutzt.
Das ehemalige Karnaper Rathaus wird heute als Wohnhaus genutzt. © Thomas Gödde
Unterwegs auf der Karnaper Straße.
Unterwegs auf der Karnaper Straße. © Thomas Gödde
Unterwegs auf der Karnaper Straße.
Unterwegs auf der Karnaper Straße. © Thomas Gödde
Eine alte Villa.
Eine alte Villa. © Thomas Gödde
Unterwegs auf der Karnaper Straße.
Unterwegs auf der Karnaper Straße. © Thomas Gödde
Auf dem Gelände des Karnaper Hofes steht heute eine Tankstelle.
Auf dem Gelände des Karnaper Hofes steht heute eine Tankstelle. © Thomas Gödde
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Karnap wurde immer unabhängiger

„Das wichtigste an all diesen Ansiedlungen war, dass Karnap immer unabhängiger wurde von Gelsenkirchen-Horst und Altenessen“, weiß Reinhold Adam: „Um die Horster davon abzuhalten, über die Emscher nach Altenessen abzubiegen, haben die Karnaper sogar Knüppel auf den Weg gelegt“.

Der frühere Bergmann Adam erhält beim Geschichtskreis Carnap ebenfalls die Stadtteilhistorie am Leben. Mit der Karnaper Straße – die früher auch mal Solinger Straße und Königsstraße hieß – könnten die Hobbyhistoriker gleich mehrere Kapitel füllen: „Schließlich ist der Stadtteil hier entstanden, rund um den Carnaper Hof“, weiß Adam und deutet auf das Gelände rund um die Aral-Tankstelle an der Kreuzung Lohwiese.

„Kein anderer Essener Stadtteil liegt niedriger“

Ehe die Karnaper Straße 1846 befestigt wurde, war der Weg beschwerlich – nicht zuletzt, weil das Gelände rund um die Emscher Sumpfgebiet ist. Das bekommen die Anlieger bis heute schmerzlich zu spüren, wenn der Fluss Hochwasser führt. „Kein anderer Essener Stadtteil liegt niedriger“, weiß Adam.

Der preußische Staat, der die wichtige Handelsverbindung damals ausbaute, sorgte mit einer Brücke endlich für trockene Füße: „Zuvor hatten die Kaufleute bei Hochwasser den weiten Umweg über die Emscherbrücken bei Bottrop nehmen müssen“, weiß Bettina von der Höh.

Früher gab es zig Kneipen

Wie bei der Altenessener Straße, in die die Karnaper Straße übergeht, hat die Transit-Funktion bis heute Schattenseiten: „Der Verkehr hat jedenfalls nicht abgenommen. Und auch durch die Verlagerung der Straßenbahnschienen in die Mitte der Fahrbahn ist es hier nicht leiser geworden“, findet von der Höh, die in Karnap aufgewachsen ist. Sie bedauert, dass viele der noch erhaltenen Häuser nicht restauriert wurden.

Das Klagelied vom Strukturwandel mag Reinhold Adam gar nicht anstimmen. Dennoch ist er über manche Entwicklung traurig: „Hier war früher mehr los, da gab es zig Kneipen. Die Bergleute schlossen von allein auf, wenn die Wirtin noch nicht da war“, sagt der 70-Jährige, der in Gelsenkirchen-Horst lebt und sich Karnap durch seine langjährige Arbeit auf „Mathias Stinnes“ verbunden fühlt. „So ein Mäzen wie der Stinnes“, sagt Adam, „den bräuchten wir heute auch.“

Regelmäßige Führungen des Geschichtskreises

Der Geschichtskreis bietet regelmäßig Führungen an: Am 6. Mai gibt es von 10 bis 12 Uhr eine Kräuter-Exkursion, Treffen: Lohwiese. Weitere Informationen: www.geschichtskreis-carnap.de