Essen. . Kurt Mehnert war neun Jahre lang Rektor der Kunst- und Musikhochschule. Ein Gespräch über Sichtbarkeit, Experimente und den Standort Zollverein

Neun Jahre lang war Kurt Mehnert Rektor der Folkwang-Universität der Künste, die in diesem Jahr ihr 90. Jubiläum feiert. Damit hat der 58-jährige Design-Professor immerhin ein Zehntel der Folkwang-Geschichte mitgeschrieben. Nach zwei Amtszeiten als Rektor will sich Mehnert nun aber wieder der Lehre widmen und wird als Dekan des Fachbereichs Gestaltung im Herbst mitsamt den Studiengängen Fotografie, Kommunikationsdesign und Industrial Design in das neue Hochschul-Gebäude auf der Zeche Zollverein ziehen. Bevor er sein Amt in diesem Monat an seinen Nachfolger, den Musikwissenschaftler und Organisten Andreas Jacob weitergab, sprach Kurt Mehnert mit Martina Schürmann über die Folkwang-Uni als Ort des Aufbruchs und der Experimente.

Herr Mehnert, 2009 wurden Sie als erster Design-Professor an die Spitze der Folkwang-Hochschule gewählt. Damals waren die gestalterischen Studiengänge nach 35 Jahren gerade von der Uni Essen in die Obhut der Folkwang-Hochschule zurückgekehrt. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Mehnert: Ich glaube, dass Folkwang durch die Gestalter gewonnen hat und die Gestalter durch Folkwang. Natürlich gab es damals Bedenken, was passieren wird, wenn so eine große Masse an Studierenden dazukommt. Und dann noch ein Designer an der Spitze der Hochschule! Aber die Lust am Miteinander war größer als die Bedenken.

Mit dem Umzug nach Zollverein beginnt für die Folkwang-Gestalter im Herbst noch einmal ein ganz neuer Abschnitt. Was erwarten Sie?

Die Studierenden werden am Standort sicher noch einmal für eine ganz neue Belebung sorgen. Das Ruhr Museum steht dann für die Geschichte, das Red Dot Design Museum für die Gegenwart und Folkwang für die Zukunft Zollvereins. Wir wollen als Hochschule auf jeden Fall sichtbar und nahbar sein und auch in Kontakt treten mit den Leuten, die dort leben. Erste partizipative Projekte sind bereits angelaufen, wie das Tunnelprojekt „Unten durch“, bei dem wir mit den Anwohnern an der Umgestaltung der Unterführung Ahrendals Wiese arbeiten.

Mancher wünscht sich, dass der Norden von der Folkwang-Uni profitiert wie Werden seit Jahren.

Wir sind in Werden natürlich extrem präsent, haben 35 Prozent ausländische Studierende, kaum klassische Heimschläfer, damit prägen wir das Ortsbild. Während Essen als Universitätsstadt von vielen gar nicht richtig wahrgenommen wird, ist das in Werden anders. Wir bringen das Interkulturelle und die internationale Ebene stark ein und sind sicher auch ein großer Wirtschaftsfaktor.

2010 wurde die Folkwang-Hochschule zur Universität unbenannt. Was war die Zielsetzung?

Meiner Meinung nach ist der Name genau der Richtige für das, was wir hier machen. Wir sind die einzige Kunst- und Musikhochschule in NRW mit diesem umfassenden universitären Fächerkanon, Promotions- und Habilitationsrecht und wir freuen uns über die zunehmend an Bedeutung gewinnenden Internationalisierung. Trotzdem gab es anfangs große Einwände auch seitens des Ministeriums. Aber inzwischen haben wir hoffentlich auch dem letzten Zweifler bewiesen, dass wir dem Namen gerecht werden.

Als Folkwang-Rektor waren Sie auch für die bauliche Entwicklung verantwortlich. Gibt es Highlights?

Natürlich die neue Folkwang-Bibliothek. Ein durchaus streitbares Gebäude, deshalb freut es mich ganz besonders, dass es nicht nur die Auszeichnung von Fachjurys, sondern auch vom Publikum den Preis für gute Bauten bekam. Und herausragend war natürlich auch die Übernahme des Sanaa-Gebäudes auf Zollverein im Kulturhauptstadtjahr 2010, als absolute architektonische Besonderheit in NRW.

Bleibt Unerledigtes, Dinge, Entwicklungen, die man noch gerne vorangetrieben hätte?

Die Bildende Kunst und Architektur sind zwei Bereiche, die ich mir gut im Fächer-Kanon der Folkwang-Uni vorstellen könnte. Nun ist die Bildende Kunst in unmittelbarer Nähe in Düsseldorf schon stark vertreten. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir noch nicht am Ende der Fahnenstange sind. Es werden sich neue Möglichkeiten der Kooperation ergeben.