Essen. . In der Essener Zentralbibliothek fehlt, was fast überall sonst schon Standard ist: Freies Internet. Bald soll der W-Lan-Zugang aber möglich sein
Vor ungefähr zehn Jahren habe er das erste Mal gefragt, wann es in der Stadtbibliothek endlich W-Lan gebe, sagt Büchereikunde Heiko Tiensch. „Damals hieß es schon, dass die Bibliothek dabei sei, es einzurichten und es nicht mehr lange dauern wird“.
Geändert hat sich daran in der Zwischenzeit nichts. Bis heute gibt es in der Kelleretage des Gildehof-Centers kein kostenloses Internet für mobile Geräte. „Vorsintflutlich“ sei das, schimpft Tiensch.
Eine der letzten Stadtbibliotheken ohne W-Lan
Tatsächlich ist die Stadtbibliothek Essen eine der letzten Zentralbibliotheken Deutschlands ohne W-Lan-Zugang für die Leser. Bei neun Bibliotheken der zehn größten Städte Deutschlands gehört die kostenfreie Einwahlmöglichkeit ins Internet mittlerweile zum Servicestandard – nur in Essen nicht.
Jedoch scheint sich jetzt etwas zu tun: Klaus-Peter Böttger, Leiter der Stadtbibliothek bestätigt auf Nachfrage, dass die Errichtung eines Zugangs für die registrierten Leser auf dem Weg sei. „Vor zwei Wochen wurden die Hotspots installiert. Jetzt läuft die Authentifizierung“, erzählt er.
Benutzung soll kostenlos sein
Das Installieren der Hotspots sei die technische Grundlage, um ein W-Lan-Netz einzurichten. Geplant sei, dass sich jeder registrierter Leser mit seiner Lesernummer automatisch einloggen könne. Ein genaues Datum will Böttger nicht nennen. Allerdings brauche man nicht mehr von Monaten, sondern könne von Wochen sprechen.
Anders als die bereits vorhandenen Computerarbeitsplätze soll W-Lan-Benutzung kostenlos sein. Doch warum wurde der versprochene Zugang in den vergangenen Jahren immer weiter nach hinten verschoben? Schließlich stand doch seit langem fest, dass es kommen soll.
Kritik zwischen den Zeilen
Einen direkten Beschuldigten möchte Klaus-Peter Böttger nicht nennen, aber das Anliegen sei bei der Stadt lange Zeit nicht beachtet worden: „Es herrschte die Auffassung, dass eine Bibliothek so etwas nicht braucht“, sagt Böttger. Wer will, kann hier zwischen den Zeilen Kritik heraushören.
Besuch in der Stadtbibliothek, wo nachmittags die Tische überwiegend von Schülern und Studierenden bevölkert sind. Der 20-jährige Alexander Rimbaris lernt gerade für seine Abiturprüfungen in Englisch und Geschichte. Er findet es nervig, dass er ohne freien Internetzugang lernen muss.
„Gerade für Geschichte wäre es sehr praktisch, wenn ich gewisse Sachen schnell bei Google nachschauen könnte“, sagt er. Er ist dabei auf sein Smartphone angewiesen, doch der Empfang ist hier unten nicht besonders gut.
„2017 kann W-Lan doch kein Luxus sein“
Eine andere Leserin sitzt an einem der Computer-Arbeitsplätze. Sie findet es nicht tragisch, dass es kein W-Lan gibt. Dennoch wurde auch sie schon eingeschränkt: „Einige Webseiten sind nicht aufrufbar, obwohl ich einen Euro pro Stunde zahle“, erzählt sie. Ihre Mails könne sie nicht abrufen. Webseiten wie gmx.de oder web.de sind gesperrt worden. „Ursprünglich hieß es, das sei nur vorübergehend. Tatsächlich geht das aber schon seit Monaten so“.
Anna Leipprand schreibt zurzeit an ihrer Doktorarbeit in Politikwissenschaft. Sie arbeitet zum ersten Mal in der Stadtbibliothek. „Ich war schon überrascht, als man mir sagte, dass es hier kein W-Lan gibt“, sagt sie. Alle Befragten waren der Meinung, dass die Errichtung eines Zugangs die Attraktivität der Stadtbibliothek steigern würde.
Für Heiko Tientsch eine längst fällige Investition: „Im Jahre 2017 kann W-Lan doch wirklich kein Luxus sein“. Es scheint immerhin, als würde seine Meinung von der Bibliotheksleitung geteilt und sein Protest endlich erhört.