Essen. . Die zehnjährige Mia aus Altendorf leidet an einer unbekannten genetetischen Erkrankung. Zum Alltag gehören stundenlange Krampfanfälle.

  • Die zehnjährige Essenerin Mia Tietz leidet an einer unbekannten genetischen Erkrankung
  • Die Erkrankung hat das Hirn des behinderten Mädchens geschädigt. Eine schwere Epilepsie gehört zu ihrem Alltag
  • Ihre Eltern Melanie und Marcus kämpfen für ihre kleine Tochter und sie wollen als Familie so normal wie möglich leben

Mia, 10, mag das Gesellschaftsspiel „Lotti Karotti“. Und sie liebt ihr i-Pad. Wenn sie mal wieder zuviel damit spielt und ihre Mutter Melanie Tietz einschreitet, „gibt es Zickenkrieg: Mia schimpft, Mia bockt, aber sie ist dann irgendwann einsichtig“, sagt die Mama. So weit, so normal. Alltag mit Kind eben.

Zum Alltag der Familie Tietz in Altendorf gehört auch, dass Mia immer um 4.30 Uhr aufsteht. Und, dass Körper und Geist des kleinen Mädchens an schlechten Tagen von einem halben Dutzend Krampfanfällen gequält werden, die mehrere Stunden dauern. Die Zehnjährige leidet an einer genetischen Erkrankung. „Wir können nicht genau sagen, was es für eine Erkrankung ist“, sagt Dr. Claudio Finetti, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendmedizin im Elisabeth-Krankenhaus. Dort wird Mia behandelt. Dort besuchen ihre Eltern die Blitz-Kids, eine Selbsthilfegruppe für Eltern, deren Kinder an Epilepsie erkrankt sind. Mia leidet unter der schwersten Form der Epilepsie.

Erkrankung hat das Hirn des Mädchens geschädigt

Die Erkrankung hat das Hirn des behinderten Mädchens geschädigt. Mia hat eine erhebliche Entwicklungsverzögerung – körperlich wie geistig. Sie wiegt 17 Kilogramm, ist 1,20 Meter groß. Mädchen in ihrem Alter wiegen im Schnitt 35 Kilogramm und sind 1,40 Meter groß. Die epileptischen Anfälle mit Krämpfen und Lähmungen sind Teil ihres Alltags. Die Erkrankung ist lebensverkürzend.

„Wir versuchen, so normal wie möglich zu leben“, sagt Mutter Melanie. Sie schaut einen Moment aus dem Terrassenfenster ins Grüne und überlegt: „Wir leben einfach. Das mussten wir aber erst lernen.“

Bis zu 150 epileptische Anfälle am Tag

Nach Schwangerschaft und Geburt ohne Komplikationen entwickelte sich Mia in den ersten drei Monaten normal. Dann traten mehr und mehr epileptische Anfälle auf. Bis zu 150 pro Tag. Statt Weiterentwicklung gab es Rückschritt. „Ihr Saugreflex war plötzlich wieder weg“, erinnert sich ihre Mutter. Die verzweifelten Eltern suchten Hilfe. „Wir haben drei Jahre alles probiert, um unser Kind zu retten“, sagt Melanie Tietz, 29, mit leiser Stimme. Dann verweigerte sich Mia allen Therapien. „Das war ihre Art, nein zu sagen. Und wir mussten lernen, Mias Entscheidung zu akzeptieren.“ Das „Warum wir?“ verschwand aus den Köpfen der Eltern. Der Blick richtet sich nach vorne. Melanie Tietz ist an der Entscheidung gewachsen. „Ich war ein stilles Mäuschen. Heute bin ich ein anderer Mensch. Viel selbstbewusster.“ Eine Kämpferin, vor allem, wenn es um ihre Mia und deren Schwester Leia (15) geht.

Mia kann mitreden

Mia hört im Rollstuhl zu, wenn ihre Mutter erzählt. Und das Mädchen kann mitreden: Mit einer Ja-Nein-Tafel, mit Botschaften auf ihrem Diktiergerät. Und mit einem Lächeln, einem grimmigen oder gelangweilten Blick. „Sie zeigt uns, was sie will. Und was sie nicht will“, erklärt Vater Marcus.

An einem ganz normalen Tag will Mia nach dem frühen Aufstehen drei Stunden spielen. Dann geht es in die Helen-Keller-Förderschule mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung im Nordviertel. Am Nachmittag ist das Mädchen zurück im Kreise ihrer Familie. „Sie spielt gerne mit uns. Sie ist keine gute Verliererin. Aber sie entwickelt sich. Sie wird vernünftiger“, sagt Melanie Tietz. „Mal sehen, was in der Pubertät kommt.“ Sie lächelt und schaut dabei zu ihrer Tochter, die so zufrieden strahlt, wie eine von der Mama gelobte Tochter eben strahlt.

>> Blitz-Kids als Selbsthilfegruppe

Die Blitz-Kids, eine Selbsthilfegruppe für Eltern, deren Kinder an Epilepsie erkrankt sind, lädt für den heutigen Donnerstag ab 18 Uhr zum Austausch ein.

Dr. Claudio Finetti, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendmedizin im Elisabeth-Krankenhaus, steht als Gesprächspartner zur Verfügung. „Ich lerne viel von den Eltern“, sagt der Mediziner.

Veranstaltungsort ist das Elisabeth-Krankenhaus, Hörsaalzentrum, Konferenzraum 3, Klara-Kopp-Weg 1, Huttrop.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Info: 897-4720