Essen. . Mit 15 Jahren ist Max aus Essen das erste Mal an Blutkrebs erkrankt, mit 18 erneut. Er fand einen Stammzellenspender und beginnt ein neues Leben.
- Fanabteilung von Rot-Weiss Essen hatte Typsierungsaktion organisiert.
- Ein großer Erfolg: 750 Fans ließen sich in Spenderdatei aufnehmen.
- Vor knapp einem Jahr fand die Stammzellentranplantation statt. Seitdem wird Max täglich fitter.
Am 17. Mai feiert Max seinen ersten Geburtstag. So sagen es seine Eltern, obwohl Max eigentlich schon 19 Jahre alt ist. Aber jetzt jährt sich zum ersten Mal Max’ Stammzellentransplantation. Seit dem 17. Mai 2016 ist der Essener quasi ein neuer Mensch, mit neuer DNA, neuer Blutgruppe. Und mit einem neuen Leben, das vor einem Jahr fast zu Ende schien. „Es hing am seidenen Faden“, sagt seine Mutter Birgit Czuia-Hain mit belegter Stimme. Und wenn die 54-Jährige daran zurückdenkt, wie dieser Faden beinahe gerissen wäre, kommen ihr immer noch die Tränen.
Niederschmetternde Diagnose: Leukämie
Mit 15 Jahren bekam Max die niederschmetternde Diagnose Leukämie – Blutkrebs. Chemotherapien schwächten seinen Körper, der bald kaum noch 50 Kilo wog. Über 240 000 weiße Blutkörperchen schwammen durch Max’ Venen – maximal 10 000 sind normal. „Die Blutkonserven waren zur Hälfte voll weißem Pudding“, erinnert sich Birgit Czuia-Hain. Kurz vor Weihnachten 2014 schien die Krankheit besiegt, doch im Februar 2016 „kam der nächste Schock“. Der Krebs war zurück und schnell war klar, dass dieses Mal nur ein Stammzellenspender helfen würde. Die Fan- und Förderabteilung (FFA) von Rot-Weiss Essen organisierte eine Typisierungsaktion, 750 Fans ließen sich in die Spenderdatei aufnehmen.
Bald darauf fanden die Ärzte einen Spender für Max – einen Mann aus Hamburg. Sechs Wochen lang musste der damals 18-Jährige in Quarantäne verbringen, „immer allein war er“, erinnert sich seine Mutter. Sein Immunsystem wurde komplett herunter gefahren, damit sich seine Zellen nicht wehren konnten gegen die fremden. Beklemmende Monate des Bangens folgten – zwei Jahre lang besteht die Gefahr, dass Max’ Körper die neuen Zellen abstößt.
Wie kann ein Körper das ertragen?
„Du willst losheulen“, beschreibt Udo Cuia, Max’ Vater, seine Gefühle. „Aber du musst doch stark sein für dein Kind.“ Was kann ein Körper ertragen? Das war eine zentrale Frage, die sich die Eltern immer stellten. „Eine normale Jugend konnte Max nie erleben“, sagt die Mutter, „er war immer voller Ängste“.
Blutgruppe ist nicht mehr AB positiv, sondern 0 negativ
Während die Eltern erzählen, hört Max meist zu und schweigt. Aber jetzt greift er ein: „Ich habe keine Ängste.“ Dass sein genetischer Fingerabdruck nun der eines fremden Mannes ist, dass seine Blutgruppe nicht mehr AB positiv, sondern 0 negativ ist – all das beschwert ihn nicht. Nur dass er seine Traumausbildung als Schornsteinfeger nicht weitermachen darf, weil der Staub seiner Lunge zusetzt, dass er nicht weiß, ob er im Herbst einen neuen Ausbildungsplatz bekommt, bereitet ihm Sorgen. Die zweite Diagnose war für ihn viel schlimmer als die erste: „Wenn der Arzt sagt, es ist zurück, weißt du, was auf dich zukommt, die Chemo, all das.“
Mutter Birgit: „Wir haben gelitten wie Hölle“
Jeden Tag machte seine Mutter ein Foto von ihm, dokumentierte, wie er immer dünner wurde, wie Bläschen seinen Mund verwundeten, wie Ausschläge seinen Körper übersäten. „Wir haben gelitten wie Hölle.“ Wir, das sind nicht nur Max’ Eltern, die seit vielen Jahren getrennt leben, sondern auch seine sechs Geschwister und Halbgeschwister. Sie sorgen dafür, dass er sich nicht hängen lässt, dass er kämpft. Damals stützten sie ihn, als er keine Lust mehr auf das Leben hatte. Und heute helfen sie ihm, wieder in diesem Leben anzukommen. Mit seinem Vater geht Max ins Fitnessstudio. Nur fürs Fußballspielen – er kickte früher für die DJK Adler Union Frintrop – da reicht die Kondition noch nicht.
Wenn Max Czuia nächstes Jahr seinen zweiten Geburtstag feiert, will er seinen Spender kennenlernen, seinen genetischen Zwilling. Das ist erst nach einer Zweijahresfrist erlaubt. Bis dahin wird er ihm einen Brief schreiben. Und „einfach leben, wie ein ganz normaler Mensch“.