. Bei der Suche nach geeigneten Flächen für den Wohnungsbau rücken Kleingartenanlage in den Fokus der Politik. SPD und CDU regen Flächentausch an.
- Planungsverwaltung soll auf Antrag von SPD und CDU „Kleingarten-Entwicklungskonzept“ erarbeiten
- Konzept soll Flächentausch in Betracht ziehen. SPD: keine Kleingärten mehr mit U-Bahnanschluss
- Stadtverband will keinen Garten mehr abgegeben. Bedingung: Es gibt geeigneten Ersatz
Auf der Suche nach geeigneten Flächen für Wohnungsbau und Gewerbeansiedlungen schielt die Politik in Richtung Kleingärten. In einem gemeinsam Antrag von SPD und CDU, der dem städtischen Planungsausschuss am heutigen Donnerstag zur Abstimmung vorliegt, soll die Stadtverwaltung damit beauftragt werden ein so genanntes „Kleingarten-Entwicklungskonzept“ zu erarbeiten. Zwar heißt es, vorrangiges Ziel eines solches Konzeptes solle die Bestandssicherung der Kleingartenanlagen sein. Der Fokus aber soll auf dem Tausch von Flächen liegen. Wo heute Laubenpieper ihr Gemüse ziehen, könnten also Neubauten in die Höhe wachsen.
„Wir brauchen dringend Flächen“, sagt Ratsherr Thomas Rotter (SPD). Der Vorsitzende des Planungsausschuss erinnert daran, dass bis zum Jahr 2020 bis 17 000 Wohnungen fehlen werden. Realistisch sei, dass maximal 5000 gebaut werden. „Kleingärten mit U-Bahnanschluss“ wie am Berthold-Beitz-Boulevard zu bestaunen, sind vor diesem Hintergrund in Rotters Augen paradox, die Grundstücke aus städtebaulicher Sicht zu wertvoll.
Der Kleingärtnerverband will keinen Garten abgeben
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann die Parzellen dort verschwinden werden. Dessen ist sich Holger Lemke bewusst. Die Politik vor Ort habe die Kleingartenanlage praktisch aufgegeben. Ein, zwei, vielleicht drei Jahre noch – dann werden die Kleingärtner wohl weichen müssen, schätzt der Vorsitzende des Stadtverbandes der Kleingärtnervereine. Das Aus für die Anlage am Pläßweidenweg in Horst sei bereits beschlossene Sache. Für Lemke und seine Mitstreiter im Verband soll es das aber dann auch gewesen sein. „Wir geben keinen Garten mehr ab.“ Es sei denn, die Stadt bietet den Laubenpiepern adäquaten Ersatz an.
Wo solche Flächen zu finden sein könnten – dafür fehlt Lemke nach eigenen Worten die Fantasie. Nicht zu vergessen: Die Anlagen sind erschlossen, verfügen über Strom und Wasser. Vereine haben nicht selten viel Geld investiert.
Rechtlich säße die Stadt am längeren Hebel. Der Stadtverband hat die Flächen von der Stadt gepachtet, als Zwischenpächter gibt er sie weiter an die Kleingärtner. Die Stadt könnten den Pachtvertrag zum 30. November eines jeden Jahres kündigen, frühestens wieder 2018. „Juristisch sind wir eigentlich machtlos“, weiß Holger Lemke.
Die Stadt könnte den Pachtvertrag 2018 kündigen
Mit stadtweit 9000 Kleingärtner legt sich jedoch keine Partei so schnell, schon gar nicht in einem Wahljahr. Lemkes Vorgänger im Amt, der streitbare Heinz Schuster, wusste auf dieser Klaviatur virtuos zu spielen. „Es geht nur mit den Kleingärtnern“, sagt Thomas Rotter. Der Stadtverband soll deshalb bei der Erstellung des Kleingartenkonzeptes ausdrücklich beteiligt werden.
Von den stadtweit 109 Kleingartenanlagen gehören etwa 40 Prozent der Kleingartengrund- und Boden GmbH, sind also faktisch in Privatbesitz. Die Stadt schreckte Anfang der 190er Jahre davor zurück, die Flächen von großen Industrieunternehmen zu erwerben. Aus Sorge, die Böden könnten mit Schadstoffen belastet sein. Heinz Schuster griff zu und sicherte die Flächen durch die Gründung einer GmbH dem Kleingartenwesen. „Das muss man neidlos anerkennen“, sagt Lemke.
Heute, vermutet der Verbandschef, „werden sie sich bei der Stadt irgendwohin beißen, weil sie damals nicht selbst gekauft haben.“ Wohl wahr.