Essen. Mit 1200 Bürgern wurde im Ruhrmuseum die  Ausstellung zum Reformationsjubiläum eröffnet. Thema ist die Religionsgeschichte des Ruhrgebiets.

In der reichen Essener Museumslandschaft ist es mittlerweile meist das Ruhrmuseum, das die entscheidenden und die breitenwirksamen Akzente setzt. Nach all den hervorragenden Ausstellungen erwartet man auf Zollverein vom Team um Direktor Theo Grütter einfach Besonderes. Und so verwunderte es nicht, dass am Sonntag Abend zur Eröffnung der Ausstellung „Geteilter Himmel“ das Interesse riesig war. Rund 1200 Besucher wollten dabei sein, nicht alle fanden einen Platz in Halle 12. Um es vorwegzunehmen: Beim anschließendem Rundgang wurden die Erwartungen nicht enttäuscht.

„Reformation und religiöse Vielfalt an Rhein und Ruhr“ heißt der Untertitel der Ausstellung, die sich einreiht in viele weitere zum 500. Jahrestag des Thesenanschlags von Martin Luther, darunter auch Ausstellungen an den mitteldeutschen Hauptschauplätzen Wittenberg und Eisenach. In die Region an Rhein und Ruhr kam die Reformation erst spät, auch weil im Nordwesten des alten Deutschen Reiches der Katholizismus sehr feste Wurzeln besaß.

Die Ausstellung verfolgt die These einer besonders toleranten Region

In Essen etwa, früher ein von Stiftsdamen regierter Kleinstaat, ist erst am 2. Mai 1563, also 46 Jahre nach dem Thesenanschlag, in der heutigen Marktkirche der erste evangelische Gottesdienst verbürgt. Fortan war dann allerdings auch in Essen der Himmel „geteilt“, ein hübsches Wortspiel, das vollkommen Gegenteiliges bedeuten kann: unversöhnlicher Schnitt oder auch brüderliches Miteinander.

In den Eröffnungsreden durfte nicht fehlen, dass die Koexistenz der Religionen auch heute wieder ein hochkontroverses Thema ist. Da mag es mehr als nur ein Hoffnungsschimmer sein, dass die Ausstellung bewusst nicht nur die regionale Geschichte der Reformation erzählt, sondern die religiöse Vielfalt bis in die Gegenwart hinein abbilden will und dabei die These einer religiös besonders toleranten Region auszuschmücken bestrebt ist.

In den Industriestadtteilen gehörte die Religion stets zur Identität der Einwanderer

Zu finden sind folglich nicht nur beeindruckende Exponate aus der an Rhein und Ruhr reichen christlichen Tradition, sondern auch solche aus der Welt des Islam, des Judentums, der hinduistischen Glaubensgemeinschaften und vieler anderer. Über 250 verschiedene Bekenntnisse sollen laut Theo Grütter im Ruhrgebiet beheimatet sein, das dennoch weder heute eine religionspolitische Idylle ist noch in früheren Epochen eine war.

Das zeigt die Ausstellung nicht zuletzt am Beispiel der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Zeiten, über die das Ruhrmuseum traditionell die dichtesten, stärksten Darstellungen zu bieten hat. So auch hier. Der Kulturkampf zwischen der preußisch-protestantischen Staatskirche und dem Katholizismus erfasste gerade auch die industriell geprägten Stadtteile, wo besonders die katholische Religion lange zur Identität der eingewanderten Arbeiter aus dem Osten gehörte.

Die Krupps flohen vor der Protestanten-Verfolgung in den Niederlanden nach Essen

Zumeist reichte es allenfalls zu einem freundlichen Nebeneinander der Konfessionen, Vereine und Milieus. Erst weit nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Abgrenzung der beiden christlichen Konfessionen unwichtig zu werden. Andere Abgrenzungen folgten dann bald.

Geht man weiter zurück in die Geschichte findet man gerade in Essen eine aparte Besonderheit: das zwar nicht konfliktfreie, aber doch irgendwie funktionierende Nebeneinander zwischen den katholischen Landesherrinnen und einer weit mehrheitlich evangelischen Bürgerschaft. Sogar für glaubensbedingt geflüchtete Neuankömmlinge war durchaus Platz. „Zu ihnen gehörte auch die Familie Krupp, die im 16. Jahrhundert aus den Niederlanden einwanderte und über Jahrhunderte die Geschichte der Stadt mitbestimmte“, so Oberbürgermeister Thomas Kufen zutreffend in seiner Ansprache.

Die Bunker und Kabinette der 12-Meter-Ebene passten erneut sehr gut

Insgesamt bietet die Ausstellung 800 Exponate von 250 Leihgebern auf, was an die Museumsorganisation hohe Anforderungen stellte. Neben Gemälden und Skulpturen, finden sich Altargeräte und andere sakrale Gegenstände, Möbel, Textilien, Handschriften und Bücher. Lob verdient schließlich auch wieder einmal die Örtlichkeit: Die fensterlosen, bunkerartigen Räume und Kabinette der so genannten 12-Meter-Ebene erweisen sich wie schon bei vielen anderen Schauen als hervorragende Umgebung für die Exponate. Das gilt fast noch mehr für diese sakral geprägte Ausstellung.