Essen. . Die „Green Economy“ in Essen beschäftigt 13 000 Menschen. Existenzgründer setzen auf „Grüne Hauptstadt“. Klinkenputzen statt Fördertopf.
- Green Economy: In Essen sind 13 000 Menschen in der Umweltwirtschaft beschäftigt.
- „Grüne Hauptstadt 2017“ zu sein, bedeutet aber nicht, dass für Existenzgründer jetzt das Geld aus den Fördertöpfen sprudelt
- Experten empfehlen, geduldig und eifrig Klinken zu putzen. Wirtschaftsförderung bietet Erstberatungen an
Über öffentliches Interesse kann sich Julian Bosch von „Intrapore“ nicht beklagen. Das Start-up aus Katernberg räumt derzeit einen Preis nach dem anderen ab. Julian Bosch und sein Kompagnon Johannes Bruns haben ein innovatives Verfahren entwickelt, mit dem durch Schadstoffe belastetes Grundwasser gereinigt wird.
Dafür wurde es jüngst mit dem Siegerplatz bei einem Wettbewerb für junge Unternehmen ausgezeichnet, die sich mit Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit beschäftigen.
Die kleine Firma mit Sitz im Gründerzentrum Triple Z ist so etwas wie das Vorzeige-Unternehmen der „Green Economy“ in Essen. Ein Begriff, der sich mit Umweltwirtschaft übersetzen lässt. Was wohl kaum jemand weiß: Stadtweit arbeiten rund 13 000 Beschäftigte in diesem Bereich. Das entspricht einem Anteil von 5,6 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Jobs.
Grüne Hauptstadt soll Existenzgründer ermutigen
„In keiner anderen Stadt des Ruhrgebiets sind es mehr“, sagt Erich Bauch von der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG). Wohl wissend, dass der Begriff „Green Economy“ statistisch weit gefasst ist. Darunter fallen nicht nur Start-ups wie „Intrapore“ sondern alle Unternehmen, deren Geschäftsfeld der besonders effiziente Umgang mit Ressourcen ist.
Die Europäische Union hat dies gewürdigt, als sie den Titel nach Essen vergab. Die „Grüne Hauptstadt“ soll der lokalen „Green Economy“ zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen und bestenfalls potenzielle Existenzgründer dazu ermutigen, es „Intrapore“ gleichzutun.
Wer sich mit diesem Gedanken trägt, und auf Startkapital aus einem eigens zum Grünen-Hauptstadt-Jahr gefüllten Fördertopf gesetzt hat, der wird enttäuscht. Denn einen solchen Topf gibt es nicht. „So nützlich und wünschenswert es auch wäre“, sagt Erich Bauch, der bei der EWG zuständig ist für die „Green Economy“.
Starthilfe vom Bund
Dem Wirtschaftsförderer bleibt nichts anderes übrig, als an bekannte Türen zu klopfen in der Hoffnung, dass diese sich leichter öffnen, weil draußen jemand aus der Grünen Hauptstadt steht.
Potenzielle Geldgeber gibt es. So fördern beispielsweise die Energieriesen Eon und RWE junge Unternehmen, die mit neuen Ideen und modernen Technologien aufwarten, weiß Bauch zu berichten. Auch an privatem Kapital mangele es nicht. „Die suchen alle nach einem neuen Bill Gates.“
Gründerstipendium als Starthilfe vom Bund
Julian Bosch erhielt Starthilfe vom Bundeswirtschaftsministerium über ein einjähriges Gründerstipendium; pro Monat gibt es bis zu 1800 Euro. „Da hat man gute Chancen“, berichtet er aus eigener Erfahrung.
Die Sparkasse vermittelte zudem einen Kredit über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Offene Ohren fand der Jungunternehmer zudem bei der EWG und bei Pro Ruhrgebiet. „Die Leute dort kennen sich aus und helfen einem weiter.“
Bosch vermittelt den Eindruck, dass Klinken putzen muss, wer als Existenzgründer seine Chance sucht. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Einen guten Rat gibt er potenziellen Gründern mit auf den Weg, wenn sie nach Kapitalgebern suchen: Sie sollten vorsichtig sein, dass sie ihre gute Idee nicht leichtfertig aus der Hand geben.
Gründerlandschaft hat sich positiv entwickelt
Sein Eindruck: „Die Gründerlandschaft hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt.“
Für die Grüne Hauptstadt kommt es in diesem Jahr darauf an, damit zu wuchern. „Wir wollen der Green Economy ein Gesicht geben“, sagt Ralph Kindel vom Organisationsbüro. Es komme nun darauf an Netzwerke zu knüpfen und Firmen, die bereits heute im Sektor Umweltwirtschaft erfolgreich sind, bekannter zu machen.
„Wir waren das Silicon Valley der Energiewirtschaft“
Für die Stadt Essen geht es nicht ums Image, das längst nicht mehr das von Kohle und Stahl ist. Essen versteht sich als Sitz der Energie-Wirtschaft. Dass die großen Player angesichts der Energiewende, nach neuen, tragfähigen Geschäftsmodellen suchen, sei kein Widerspruch.
„Wir waren das Silicon Valley der Energiewirtschaft und wir sind es immer noch“, sagt Erich Bauch in Anspielung an die Ideenschmiede in den USA. Auf das Knowhow komme es an. Ob die „Green Economy“ die traditionellen Industriezweige, die das Ruhrgebiet einst prägten, eines Tages ersetzen kann und zum neuen Job-Motor wird, bleibt abzuwarten.
Jungunternehmer Julian Bosch und sein Partner Johannes Bruns wollen ihren Beitrag dazu leisten.
>>>ANLAUFSTELLEN FÜR EXISTENZGRÜNDER
Die Essener Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft (EWG) bietet Existenzgründern kostenfreie betriebswirtschaftliche Erstberatung an. Interessenten erhalten zudem Informationen über öffentliche Förderprogramme und erhalten Hilfestellung bei der Beantragung. Wer Kontakt zu Netzwerken der Gründerszene sucht, ist bei der EWG ebenfalls an der richtigen Adresse. Nähere Infos: www.ewg.de
Weitere nützliche Anlaufstellen sind die Industrie- und Handelskammer (www.essenihk24.de), das Starter-Center NRW (www.starterceneter.nrw.de), das Gründungsnetzwerk Essen (www.gruendungsnetzwerk-essen.de) und Senior Consult Ruhr e.V. (www.senior-consult-ruhr.de).