Essen. . In der Wohngruppe „Teen und Baby“ leben junge Mütter, die meist selbst noch Kind waren, als das Kind kam. Sie erhalten jederzeit Betreuung.
Im Innenhof ein kleiner Spielplatz mit Rutsche, Sandkasten und Wippe. Darum herum Wohnungen, eine Küche, zwei große Waschküchen und die Räume der Tagespflege. Vom ihrem Schreibtisch aus im Haupthaus hat Jill Kellner einen guten Blick auf die Szenerie draußen. Tagsüber haben hier noch Kinder getollt, jetzt am Abend ist es ruhig. Jill Kellner hat die Nachtschicht in der Wohngruppe „Teen und Baby“ übernommen, einer Einrichtung des Sozialdienstes Katholischer Frauen in Borbeck.
Es ist 20 Uhr und Jill Kellner sitzt noch mit einer Kollegin zusammen. Es ist Zeit für die Übergabe, bevor die 31-Jährige allein in die Nachtschicht startet. „Wir besprechen jetzt noch, was die Bewohnerinnen den Tag über gemacht haben, was sie für Anliegen hatten und was eventuell in der Nachtschicht auf mich zukommen kann“, erklärt Jill Kellner, die fast sechs Jahre in der Einrichtung arbeitet.
Auch ein junger Vater lebt in der Wohngruppe
Sechs Mütter und ein Vater – was eher selten ist – wohnen derzeit hier. Acht Wohnungen gibt es insgesamt in der Einrichtung. Die meisten Bewohner sind jünger als 18 Jahre. Häufig sind es junge Mütter, die selbst fast noch Kind waren, als sie schwanger wurden. Ihre Vorgeschichten sind ganz unterschiedlich. Jill Kellner berichtet von Gewalt in deren Familien aber auch von Drogenmissbrauch. Die Bewohner haben entweder aus anderen Einrichtungen in die Wohngruppe gefunden oder sie wurden vom Jugendamt vermittelt, um sie auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten.
Jill Kellner ist für die kleinen und großen Probleme da, ist manchmal Ersatzmutter und -freundin. Eine 18-Jährige beispielsweise steht kurz vor der Entbindung ihres ersten Kindes. Da kommen natürlich Fragen auf – und Ängste. „Das geht einem dann schon nahe, aber es ist wichtig, nichts mit nach Hause zu nehmen“, sagt Jill Kellner.
Um Mitternacht sollte Ruhe sein
Bis um Mitternacht ist sie im „aktiven Dienst“. Das heißt: Bis dahin ist sie im Büro erreichbar, sie bereitet Besuche bei Behörden vor, etc. Und bis dahin sollten eigentlich auch alle Bewohner schlafen. Wenn dann endlich Ruhe ist, kann sich die 31-Jährige selbst ein Weilchen schlafen legen.
Doch in dieser Nacht wird es später werden. Zwei junge Mütter bitten Jill Kellner auf ihre Kinder aufzupassen. Eine der beiden hat einen kleinen Schreihals und wünscht sich nichts sehnlicher, als mal wieder eine Nacht durchzuschlafen. Die Ringe unter ihren Augen sprechen Bände. Die andere junge Mutter hingegen ist gesundheitlich angeschlagen und bittet Jill Kellner deshalb um Unterstützung.
Kontrollrundgang um 22 Uhr
Nun heißt es für die Pädagogin also Windeln wechseln, füttern und die Kinder zum Schlafen bringen. „Es ist uns sehr wichtig, dass die jungen Mütter zu jeder Zeit zu uns kommen können und uns um Hilfe bitten können“, sagt Jill Kellner voller Verständnis. Denn das falle der ein oder anderen oftmals schwer. „Manch eine hat ein Problem damit, zuzugeben, dass sie überfordert ist. Aber gerade das ist falsch, wir sind ja da, um zu unterstützen.“
Um 22 Uhr steht ein Rundgang an, dann besucht Jill Kellner die jungen Familien noch ein letztes Mal an diesem Tag. Wichtig ist dabei auch, nachzuschauen, ob die Kinder schon schlafen. Und das auch in einer „sicheren Schlafhaltung“, um den plötzlichen Kindstod zu verhindern. Außerdem schaut Jill Kellner sich den Zustand der Wohnung an. Schließlich sollen die Mütter lernen, ein geordnetes Leben zu führen.
Nicht immer klappt das. Manchmal kommt es auch vor, dass sie die Einrichtungen verlassen müssen – beispielsweise wenn sie nicht genehmigte nächtliche Besuche bekommen. Doch wenn alles geklappt hat, das sind die schönen Momente für Jill Kellner: „Klar ist man manchmal auch traurig, wenn man ein gutes Verhältnis aufgebaut hat. Aber es ist schön, wenn es einen guten Ausgang nimmt, die Bewohner eine Wohnung gefunden haben und es mit einer Arbeit oder der Schule gut klappt.“