Essen. . Das Präventionsprogramm „Kurve kriegen“, das an den Start gegangen ist, kann erste Erfolge verbuchen: 13-Jährige bekam einen neuen Schulplatz.

  • Das Präventionsprogramm „Kurve kriegen“ richtet sich an die strafunmündigen Straftäter
  • 360 dieser „Klein-Kriminellen“ hat die Polizei über Wochen ins Visier genommen
  • Für 13 Jungen und Mädchen werden bereits ganz individuelle Hilfen entwickelt

Eine 13-Jährige, die Straftaten begeht, Drogen nimmt, zeitweise auf der Straße lebt und seit einem Jahr die Schule schwänzt, muss kein hoffnungsloser Fall mehr sein: Wie man mit vereinten Kräften Kindern auf Abwegen einen Neuanfang verschaffen kann, hat eine noch junge Kooperation zwischen der Essener Polizei, Sozialarbeitern der Arbeiterwohlfahrt und dem Jugendamt der Stadt bereits gezeigt. Dem Mädchen wurde ein Platz an einer anderen Schule verschafft, pädagogische Fachkräfte kümmern sich jetzt intensiv um die 13-Jährige und ihre alleinerziehende Mutter gleichermaßen. Das Mädchen ist wieder motiviert, will straffrei bleiben, sein Leben neu ordnen. Es will tatsächlich die „Kurve kriegen“.

Das gleichnamige neue Präventionsprojekt des Landes, das am 1. Oktober erstmals in Essen an den Start ging, richtet sich an die Allerjüngsten: Acht- bis 13-Jährige strafunmündige Straftäter, die von Kindesbeinen an rauben, zündeln, stehlen und auch vor Körperverletzungen nicht zurückschrecken.

Eine Gewalttat oder drei Eigentumsdelikte

360 dieser „Klein-Kriminellen“ hat die Polizei über Wochen ins Visier genommen und geprüft, ob sie sich für das Programm eignen. Grundsätzlich gilt: Eine Gewalttat oder drei Eigentumsdelikte in einem Jahr sind sozusagen die Eintrittskarte. Dazu werden die familiären Verhältnisse beurteilt, der Freundeskreis abgeklopft und viele weitere Risiko-Faktoren mehr. Denn der Grund für Straftaten ist oft in persönlichen Problemen zu finden und sei es, dass niemand den Kindern Grenzen setzt.

60 Acht- bis 13-Jährige kamen am Ende in die engere Auswahl, sagt Kriminalhauptkommissar Steffen Daun, der mit seiner Kollegin Vanessa Horn und den Fachkräften der Arbeiterwohlfahrt Birgit Marschall-Littwin sowie Ingo Riesener das Team hinter „Kurve kriegen“ bildet.

Den Teilnehmern maßgeschneiderte Angebote machen

13 der Mädchen und Jungen – die meisten aus bildungsfernen und einkommensschwachen Familien – gehören inzwischen zu dem Kreis derer, für die ganz individuelle Hilfen entwickelt werden. Sei es, dass ihnen die Rückkehr in einen Sportverein ermöglicht oder ein Anti-Aggressions-Training angeboten wird, sei es eine intensivpädagogische Maßnahme des Jugendamtes oder die Teilnahme an Theaterprojekten.

Ziel ist es in jedem Einzelfall, den Kids maßgeschneiderte Angebote zu machen, über die sie ein neues Selbstwertgefühl entwickeln, ihnen Perspektiven zu geben, damit sie etwas anderes erleben als nur Frust, sagt Birgit Marschall-Littwin von der Awo.

So soll eine kriminelle Karriere möglichst früh verhindert werden, und „Kurve kriegen“ ist dann ein Erfolg, wenn die Kinder am Ende nicht im Intensivtäterprogramm der Polizei landen, die sich seit mittlerweile acht Jahren schon intensiv um kriminelle wie strafmündige Jugendliche und Heranwachsende kümmert.

Bevor die Kinder die „Kurve kriegen“ können, müssen allerdings die Eltern ihr Einverständnis geben. Was aber nach ersten Erfahrungen keine Hürde darstellt. Bislang waren die Erziehungsberechtigten dankbar für die Unterstützung, sagt Ingo Riesener: „Viele Eltern haben großen Druck.“