Essen. Der Essener Tempelbomberprozess gegen drei IS-nahe Jugendliche geht weiter. Der Befangenheitsantrag gegen einen Richter wurde zurückgewiesen.
Der Prozess um den Bombenanschlag auf den Essener Sikh-Tempel geht wie geplant weiter. Das Landgericht Essen hat jetzt den Befangenheitsantrag von Rechtsanwältin Lena Plato gegen den Vorsitzenden Richter Volker Uhlenbrock als unbegründet zurückgewiesen, erfuhr die WAZ.
Das Landgericht Essen hält sich mit Informationen für die Öffentlichkeit in diesem Verfahren zurück. Die Pressestelle verweist ein ums andere Mal darauf, dass dieser Prozess gegen Jugendliche geführt werde und deshalb nichtöffentlich sei. Allerdings ist damit kein Verbot verbunden, über Kernpunkte des Verfahrens zu berichten. In der Vergangenheit hat das Essener Gericht die Öffentlichkeit auch über Jugendstrafverfahren informiert, andere Gerichte halten das heute noch so.
Bombenanschlag auf den Tempel der Sikh-Gemeinde
Vorgeworfen wird drei Jugendlichen aus Essen, Gelsenkirchen und Schermbeck ein Bombenanschlag auf den Tempel der Sikh-Gemeinde in Essen am 16. April. Der Sprengsatz hatte großen Sachschaden angerichtet, der Priester der Gemeinde wurde schwer verletzt, geht heute noch an Krücken.
Die 16 bis 17 Jahre alten Jugendlichen hatten vor der V. Jugendstrafkammer ihren Tatbeitrag zum Teil eingeräumt. Die von der Anklage unterstellte Mordabsicht wiesen sie aber zurück. Welche Dimension das Verfahren hat, zeigt der letztlich erfolglose Versuch von Staatsanwältin Birgit Jürgens, das Verfahren als Staatsschutzdelikt an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe abzutreten. Die Staatsanwaltschaft hat auch, äußerst ungewöhnlich bei Jugendlichen, für den Gelsenkirchener Yusuf T. (17) und den Schermbecker Tolga I. (17) im Vorfeld beantragt, eine mögliche Sicherungsverwahrung zu überprüfen, erfuhr die WAZ.
Angeklagte weisen Mordabsicht zurück
Der Gelsenkirchener Yusuf T. gab im Prozess die Zündung des in einem Feuerlöscher verborgenen Sprengsatzes zwar zu, sagte aber, er habe keine Menschen verletzen und nur erschrecken wollen.
Als Richter Volker Uhlenbrock auf Widersprüche in der Einlassung des Angeklagten hinwies und diese knapp mit „Blödsinn“ kommentierte, handelte er sich den Befangenheitsantrag ein.
Richter nicht befangen
Das Gericht, so die unbestätigten Informationen der WAZ, teilte aber nicht die Auffassung der Verteidigerin, dass in dieser Äußerung eine Befangenheit zu sehen sei. Vielmehr habe Richter Uhlenbrock aus Fürsorge den Angeklagten darauf hingewiesen, dass dessen Aussage nicht glaubwürdig sei.
So wurde der Prozess, der seit dem 7. Dezember läuft und bereits um acht Sitzungstage bis in den März verlängert wurde, am Montag wie geplant fortgesetzt. Kripobeamte erzählten von ihren Ermittlungen. Auch die Opfer kamen zu Wort. Ein Angehöriger der Gemeinde berichtete, wie er sich durch einen Glassplitter nach der Explosion am Fuß verletzt hatte. Mehrere Tage lang konnte er durch den lauten Knall auch nicht hören.
Opfer brach bei Aussage zusammen
Welches Ausmaß, welche Folgen ein solcher Anschlag auch ohne Verletzung haben kann, auch das erlebten die Prozessbeteiligten. Denn ein weibliches Mitglied der Sikh-Gemeinde soll bei der Zeugenaussage zusammengebrochen sein, so sehr habe die Frau die Erinnerung überwältigt. Erst nach einer Pause wurde die Vernehmung fortgesetzt.
Für die Öffentlichkeit sollen diese Facetten eines islamistisch geprägten Attentates aber unbekannt bleiben, lässt das Schweigen des Essener Landgerichtes vermuten.