Essen. Eine Frau aus Werden wird auf der A40 von einem Lkw gerammt und eingeklemmt. Aber kein Autofahrer wählt den Notruf. Schock und Schaden sind groß.
- Am Dienstagmorgen hat ein Lkw auf der A40 eine Mutter in ihrem Auto gerammt
- Der Fahrer fuhr nach kurzem Zögern weiter, ließ das Unfallopfer am Straßenrand zurück
- Die Buchbinderin wurde leicht verletzt und hofft nun, dass sich Zeugen bei der Polizei melden
Jeden Morgen bringt Agnieszka Bernasiak ihren Sohn von ihrer Wohnung in Essen-Werden zu seiner Tagesmutter in Haarzopf. Diese Woche wurde sie Opfer eines Verkehrsunfalls mit Fahrerflucht auf der A40.
Agnieszka Bernasiak plant gerne genau. Am Dienstagmorgen (17. Januar) zum Beispiel, da war es so kalt, dass sie vermutete, der Schuirweg könnte glatt sein. Deshalb legte sie ihr Handy nicht wie sonst in die Mittelkonsole ihres Seat Altea XL, sondern steckte es in die Jackentasche. „Nicht, dass das durch’s Auto fliegt, falls ich mal bremsen muss,“ dachte die 37 Jahre alte Mutter. Sie setzte Sohn Benedikt (2) auf die Rückbank, rechts, damit sie ihn während der Fahrt sehen kann, und fuhr zur Tagesmutter.
Kurz nachdem sie den Sohn abgeliefert hat und auf der A40 in Richtung ihres Arbeitsplatzes ist, brechen die „längsten und schlimmsten Minuten ihres Lebens“ an. Etwa auf Höhe der Auffahrt Huttrop passiert es, Agnieszka Bernasiak fährt auf der linken Fahrbahn, da zieht plötzlich ein Lkw von der rechten Spur rüber, rammt sie, drängt sie so gegen die Mittel-Betonschutzwand, dass sie ihre Fahrertür nicht öffnen kann.
Spittern und Knirschen als der nachfolgende Verkehr über den Spiegel fährt
Rechts neben ihr drängt sich der folgende Berufsverkehr einfach an ihr vorbei, manche Fahrer hupen und „immer wieder hörte ich das Splittern und Knirschen, wenn ein Auto über Teile meines Seitenspiegels fuhr – es war so schrecklich,“ erinnert sich Bernasiak.
Sie sucht ihr Handy, in der Mittelkonsole, wo es immer liegt, endlich erinnert sie sich, dass es heute in der Manteltasche ist. Sie ruft die Polizei, nach einer gefühlten Ewigkeit hört sie die Sirenen. Die Autobahnpolizei vermerkt 7.31 Uhr als Einsatzzeit in ihrem Bericht, so Sprecherin Susanna Heusgen von der Autobahn Polizei Düsseldorf.
Die Unfallstelle wird abgesperrt, doch die Beifahrertür ist so verzogen, dass Agnieszka Bernasiak auch hier nicht aussteigen kann. Die Feuerwehr muss zum Unfallort ausrücken und das Auto so weit vorschieben, dass die junge Mutter das Fahrzeug endlich verlassen kann. Sie bekommt eine Halskrause und wird in ein Krankenhaus gebracht. Polizei und Feuerwehr-Sprecher Mike Filzen sind sich einig, dass Agnieszka Bernasiak einen sehr guten Schutzengel gehabt haben muss, denn „das hätte auch schlimmer ausgehen können.“
Finanzielle Not und die Frage, warum niemand den Notruf wählte
Dort wird der Arzt später ein leichtes Schleudertrauma diagnostizieren und Agnieszka Bernasiak für drei Tage arbeitsunfähig schreiben. Das Auto wird abgeschleppt, der Gutachter attestiert dem sieben Jahre alten Wagen einen „wirtschaftlichen Totalschaden.“ Eine Vollkasko Versicherung für das Auto ist nicht abgeschlossen.
Das Abschleppen hat über 200 Euro gekostet, das Gutachten wird wichtig, falls die Polizei den Fahrer finden sollte. Dafür stehen die Chancen allerdings schlecht. Agnieszka Bernasiak konnte sich nur merken, dass es sich um einen Lkw mit Anhänger und einer orange-gelben Plane handelte. Kein Kennzeichen, keine Aufschrift. Es ging alles so schnell. Sie glaubt allerdings, dass der Fahrer sogar kurz angehalten hat, dann aber weitergefahren ist.
Viele Fragen bewegen die Mutter nach dem Unfall
Die Leidtragende ist Agnieszka Bernasiak. Ihr Nacken schmerzt auch am Tag nach dem Unfall und sie klagt über Kopfschmerzen. Vielleicht rühren die auch von den vielen Gedanken her, die sich sich macht. Was, wenn das auf dem Hinweg passiert wäre und Söhnchen Benedikt auf der rechten Rückbank gesessen hätte? Ein neues Auto war nicht geplant, wie soll sie das so plötzlich finanzieren? Warum hat der LKW-Fahrer erst angehalten und ist dann doch weitergefahren? Aus Angst um seinen Job?
Von der Polizei weiß sie, dass außer ihr selbst niemand den Notruf gewählt hat. „Dabei war die Autobahn voll und so viele müssten etwas gesehen haben!“ Auf diese Tatsache stützt die 37-Jährige jetzt auch ihre letzte Hoffnung:
Sie bittet Zeugen, die am Dienstag, 17. Januar, gegen halb 8 Uhr morgens auf der A40 in Richtung Bochum in Höhe Huttrop unterwegs waren, sich bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden.