Essen. Das Baedekerhaus in der Innenstadt bleibt Buchhandelsstandort. Die Mayersche wird dort einziehen und den Standort am Kennedyplatz aufgeben.
- Die Mayersche Buchhandlung zieht im September ins alte Baedeker-Haus an der Kettwiger
- Der bisherige Standort am Markt ist dem Unternehmen zu groß geworden
- Mit dem Umzug setzt sich das Unternehmen kleiner - Entlassungen sind die Folge
In das traditionsreiche Buchhandelshaus Baedeker in der Innenstadt zieht endlich wieder Leben. Die Mayersche Buchhandlung wird in das Gebäude an der Kettwiger Straße ziehen und dafür den Standort Markt 5 am Kennedyplatz verlassen.
Die Nachricht kommt gerade in diesem Jahr besonders passend. 2017 ist für das traditionsreiche Baedeker-Haus ein historisches Datum. Denn vor genau 200 Jahren, 1817, erwarb Gottschalk Dietrich Baedeker in der Kettwiger Straße 35 das dortige Wohnhaus der Essener Stiftsdamen, um an der Stelle die Buchhandlung seiner Familie fortzuführen. 110 Jahre später, 1927/28, errichteten seine Nachfahren das imposante Gebäude aus Muschelkalkquadern, wie es die Essener heute kennen.
Thalia zog aus dem Baedeker-Haus im Oktober 2012 aus
Die lange Buchhandelstradition an dem Standort schien allerdings schon vor fast fünf Jahren endgültig Geschichte zu sein, als der letzte Mieter, die Buchkette Thalia, auszog. Doch nun gibt es gute Neuigkeiten für das Haus: Voraussichtlich im September wird die Mayersche Buchhandlung einziehen und somit die Buchtradition fortsetzen. Das bestätigte der geschäftsführende Gesellschafter Hartmut Falter. Passender Zufall: Auch die Mayersche feiert in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag.
Das Unternehmen wird dafür seinen jetzigen Laden am Markt 5 nach 14 Jahren aufgeben. Mit dem Umzug setzt sich die Mayersche auch deutlich kleiner. Bislang verkauft sie auf deutlich über 4000 Quadratmetern Bücher und Spielwaren, künftig werden es im Baedeker-Haus noch rund 1200 Quadratmeter Fläche verteilt auf drei Etagen sein.
Standort am Markt 5 ist der Mayerschen zu groß geworden
„Das Haus am Markt ist zu groß geworden, um es noch wirtschaftlich zu betreiben“, bestätigte Falter. Zwar gebe es eine gewisse Renaissance des klassischen Buchhandels, doch der jetzige „Megastore“ sei nicht mehr zeitgemäß. „Kunden wünschen sich eine gewisse Intimität und Behaglichkeit“, so Falter. Das könne man am neuen Standort bieten. Die Mayersche hatte in den vergangenen Jahren gerade den Spielwarenbereich deutlich ausgeweitet. Das werde man wieder etwas zurückfahren, kündigte der Chef an.
„Wir wären gerne am bisherigen Standort geblieben“, bekräftigte er. Doch Verhandlungen mit dem Vermieter über Mietpreis und Mietfläche hätten leider zu keiner Einigung geführt. Daher habe man sich nach Alternativstandorten umgeschaut. „Wir sind natürlich froh, eine Immobilie mit einer solch passenden Geschichte gefunden zu haben.“
Die Verkleinerung hat große Auswirkungen auf die Belegschaft. Von den 35 Mitarbeitern haben acht die Kündigung erhalten. Die Beschäftigten waren in den vergangenen Tagen darüber informiert worden. „Der Schritt ist uns sehr schwer gefallen, aber wir wollen versuchen, den Mitarbeitern alternative Arbeitsplätze anzubieten“, sagte Falter.
P&C gibt Erweiterungspläne auf
Mit dem Einzug der Mayerschen sind auch die Erweiterungspläne von Peek & Cloppenburg Geschichte. Das Düsseldorfer Unternehmen hatte das Baedeker-Haus nach dem Auszug von Thalia für zehn Jahre angemietet und wollte dort das benachbarte Modehaus erweitern. Dafür wären Umbauarbeiten notwendig geworden, die allerdings das Denkmalamt auf den Plan riefen. Das Haus steht seit 1987 unter Denkmalsschutz. Nach langer Diskussion einigten sich beide Seiten schließlich auf eine Lösung, so dass der Weg nun schien frei. Warum P&C letztlich seine Erweiterungspläne wieder ad acta gelegt hat, ist nicht bekannt.
National-Bank freut sich über den neuen Mieter Mayersche
Wie zu hören ist, gab es zwischenzeitlich durchaus verschiedene Interessenten für das traditionsreiche Ladenlokal. Doch dem Eigentümer, der National-Bank, war ganz offensichtlich der passende Mieter wichtiger als nur eine schnelle Weiter-Vermarktung.
Die National-Bank ist daher glücklich mit dem neuen Mieter: „Wir freuen uns außerordentlich, dass die Mayersche Buchhandlung dieses als untrennbar mit der Geschichte des deutschen Buchhandels verbundene Haus nutzen wird. Der Vertragsabschluss bestätigt die Richtigkeit unserer mit Augenmaß formulierten Nutzungsstrategie für dieses nicht nur für Essen besondere stadthistorische und architekturgeschichtliche Baudenkmal“, erklärte der Vorstandschef, Thomas A. Lange.
Blum-Haus und Baedekerhaus 2015 und vor 1930. Beim Bau in den 1920er-Jahren stimmten die Architekten die Gestaltung der Monumentalbauten Blum-Haus und Baedekerhaus eng aufeinander ab. Die alte Aufnahme zeigt das damals größte deutsche Textilkaufhaus des jüdischen Kaufmanns Gustav Blum (1879 bis 1934) mit "Blum"-Reklame. Das Baedekerhaus wurde 1927/28, also nach dem Blum-Haus, als Verlagshaus des 1775 in Essen gegründeten G.D. Baedeker Verlages errichtet. 2007 übernahm die Thalia-Buchhandelskette den Verlag. Die Filiale im Baedekerhaus musste sie 2012 schließen. Das Amt für Denkmalpflege stimmte Mitte 2014 zu, dass das Bekleidungshaus Peek & Cloppenburg, das damals schon Mode im Blum-Haus nebenan verkaufte, das Baedekerhaus umbauen und mitnutzen darf. Heute sind die beiden denkmalgeschützten Geschäftshäuser von der Kettwiger Straße aus in der warmen Jahreszeit vor lauter Bäumen und Markständen beinahe zu übersehen. Als das rechte Foto aufgenommen wurde, versperrte höchstens mal eine Straßenbahn kurz den Blick auf die Gebäude. (Fotos: Ulrich von Born/FUNKE Foto Services, Stadtbildstelle/Fotoarchiv Ruhr Museum)