Essen. . Der Tüv Nord hat einen neuen Prüfstand, auf dem auch Bremsen für Hochgeschwindigkeitszüge getestet werden können. Solche Anlagen sind selten.
- Im Prüfinstitut des Tüv Nord in Kray ist ein besonderer Prüfstand in Betrieb gegangen.
- Dort können künftig auch Bremsen für Schienenfahrzeuge unter die Lupe genommen werden.
- In Essen steht damit nun eine der weltweit seltenen Anlagen
Tüv ist in Essen mehr als mit dem privaten Auto vorfahren und Plakette auf’s Kennzeichen kleben. An der Adlerstraße in Kray sitzt das Tüv Nord-Institut für Fahrzeugtechnik und Mobilität mit 120 Mitarbeitern. Dort werden neben Abgasmessungen zum Beispiel Reifen, Felgen oder Bremsen für Autohersteller und Autoteileproduzenten geprüft, bevor sie erstmals in den Verkehr kommen dürfen. Zehntausende Gutachten erstellen die Essener Tüv-Techniker so jedes Jahr.
Jetzt hat das Institut einen besonderen Bremsprüfstand in Betrieb genommen. Dort können künftig auch Bremsen von Hochgeschwindigkeitszügen wie dem ICE getestet werden. Weltweit gebe es nur sieben solcher Anlagen, vier in Deutschland, sagte Geschäftsführer Thorsten Walinger. Noch stehe allerdings die Zulassung durch den internationalen Eisenbahnverband aus. Mit der neuen Prüfanlage will sich der Tüv Nord den Einstieg ins Schienengeschäft sichern. „Das ist ein großer Markt“, bekräftigte Institutsleiter Carsten Winkelbach.
80 Tonnen schwer und elf Meter tief in der Erde verankert
Drei Millionen Euro hat die Anlage gekostet und die Dimensionen haben es in sich. Schließlich müssen auf ihr eine Zugfahrt von über 450 Stundenkilometern und das abrupte Abbremsen simuliert werden können. Der Prüfstand bringt es auf 80 Tonnen Gewicht. Er musste auf zehn Pfählen aufgesetzt werden, die elf Meter tief im Grund verankert wurden. Das Besondere außerdem: Auf dem Prüfstand können auch Lkw-Bremsscheiben unter die Lupe genommen werden. Das ermöglicht eine bessere Auslastung der Anlage.
Im Institut, deren Vorläufer seit 1963 in Essen ansässig sind, wird es mittlerweile eng. Deshalb baut der Tüv derzeit eine neue Prüfhalle am Technologiepark an der A 40. Dorthin werden im Frühjahr die Reifen- und Räderprüfungen umziehen – und mit ihr etwa die Hälfte der Belegschaft. „Dann haben wir hier auf der Adlerstraße wieder mehr Platz, auch um weiter wachsen zu können“, sagte Institutsleiter Carsten Winkelmann.
Verwickelt in den Abgasskandal
Neben den Prüfungen der verschiedenen Fahrzeugkomponenten ist die Abgasmessung eines der Hauptgeschäftsfelder des Institutes, das neben dem Hauptsitz in Essen noch Standorte in Rheda-Wiedenbrück, Hannover und Wolfsburg besitzt. So war der Tüv Nord im Zuge des VW-Abgasskandals 2015 selbst in die Kritik geraten, weil Techniker die manipulierten Abgaswerte bei Volkswagen nicht entdeckt hatten. „Wir hätten uns das nie vorstellen können, das so etwas möglich ist“, sagt der zuständige Fachgebietsleiter Leif-Erik Schulte rückblickend. „Wir zählten mit zu den Betrogenen.“
Der Abgasskandal hat auch für den Tüv in Essen Folgen. Künftig müssen mehr Abgasmessungen im Straßenbetrieb vorgenommen werden. „Wir machen dies zwar schon seit 2004, aber das Thema wird deutlich zunehmen“, unterstreicht Institutsleiter Carsten Winkelbach.