Essen . Eierstockkrebs ist eine aggressive Krebsform. Prof. du Bois hat in Essen die Früherkennung erforscht. Mit Erfolg, den auch die Kassen anerkennen.
Das Leben ist nicht fair. Und der Krebs, diese heimtückische Krankheit, schon gar nicht. Das hat Prof. Andreas du Bois, Krebs-Experte an den Kliniken Essen-Mitte, selbst auf schmerzlichste Weise erfahren.
Vor drei Jahren nahm ihm die Krankheit, gegen die er seit Jahrzehnten kämpft, seine Ehefrau. Das Duell mit dem Krebs ist für den 60-Jährigen längst eine ganz persönliche Sache geworden. Und für 2017 erwartet der Mediziner einen großen wie wichtigen Schritt nach vorne.
Auch dank seiner Studien und Forschungen übernehmen Krankenkassen einen teuren Früherkennungs-Gentest. Der kann Tausenden Frauen pro Jahr das Leben retten.
Forschungsergebnisse und Therapieoptionen
Prof. Andreas du Bois ist Direktor der Gynäkologie und Gynäkologischen Onkologie im Huyssenstift der Kliniken Essen-Mitte. Mit seinen grauen Haaren und dem grauem Bart strahlt er die pastorale Erhabenheit eines Philosophie-Professors aus.
Wenn du Bois allerdings über sein Fachgebiet, den Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom), über neue Forschungsergebnisse und über innovative Therapiemöglichkeiten spricht, wird er so leidenschaftlich wie ein junger Archäologe, der in einer gerade ausgegrabenen Holztruhe einen biblischen Schatz vermutet.
Du Bois weiß, dass er Leben retten kann. Immer mehr Leben. „Früher konnten wir bei Eierstockkrebs jede vierte Frau retten, inzwischen jede Zweite. Aber es geht noch deutlich mehr“, sagt du Bois, der in Essen mit 100 Mitarbeitern eines der europaweit größten Zentren für gynäkologische Onkologie leitet.
Genveränderung ist häufiger Grund für Krebs
Dieses Mehr, dieser nächste Schritt, die nächste gewonnene Schlacht im Kampf gegen den Krebs, ist sein täglicher Antrieb. Die Tücke: Der Eierstockkrebs, die zweithäufigste Erkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane, ist besonders aggressiv. Zudem ist er, anders als andere Krebsarten, nur schwer zu erkennen und macht die Vorsorge denkbar schwer.
Ein Ansatz: Ein relevanter Anteil von etwa einem Drittel der Erkrankungen ist genetisch bedingt und damit eine familiär begründete Krebserkrankung. Bei bestimmten Genen liegt das Erkrankungsrisiko sogar bei über 60 Prozent. „Es gibt deutlich mehr Frauen, die aufgrund einer Genveränderung an Krebs erkranken, als bisher angenommen“, erklärt Prof. du Bois jüngste Forschungserkenntnisse.
Förderung durch den Medizinischen Dienst
Wenn der folgenreiche Gendefekt früh erkannt wird, kann auch gezielt gehandelt werden. Sowohl in der Prävention als auch in der individuellen Therapie, in der spezielle Medikamente zum Einsatz kommen. Dafür wurden über mehrere Jahre 1300 Patienten untersucht.
Die Kliniken Essen-Mitte, die eine Genetik-Sprechstunde anbieten, kooperierten mit der Uniklinik Köln und mit Ärzten und Wissenschaftlern aus dem Deutschen Konsortium „Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“, in dem 17 universitäre Zentren zusammenarbeiten und wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis überführen. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat das Projekt gefördert.
Und so kommt 2017 das Angebot eines Gentests und verbessert die Versorgungsstruktur. Der Verband der Ersatzkassen, zu dem unter anderem die Techniker Krankenkasse, die Barmer und die DAK gehören, nehmen diesen Test in ihr Leistungs-Paket auf.
Bislang mussten die 6000 Euro für die Genanalytik vom Getesteten bezahlt werden. „Zudem laufen Gespräche mit weiteren Kassen. Wir sind optimistisch, dass auch hier ein Abschluss gelingt“, sagt Prof. du Bois.
Mit Krankenkassen im Gespräch
Bei einem flächendeckenden Angebot in Deutschland, über das Konsortium „Familiärer Brust- und Eierstockkrebs“ hinaus, würden sich nicht nur die Therapiekosten von 200.000 Euro pro Patientin deutlich reduzieren. Laut der Erwartung des Essener Krebs-Experten könnte künftig über 1000 Frauen pro Jahr das Leben gerettet werden.
„Wir sind keine Geheimniskrämer. Wir öffnen uns, wollen unser Wissen weitergeben“, sagt Prof. Andreas du Bois und betont: „Es geht um den Menschen. Es gibt immer noch den Patienten, dem wir unbedingt helfen wollen, aber nicht helfen können.“ Genau das hat er persönlich schmerzhaft erfahren müssen.