Essen. . Der Fußballkreis Essen reagiert auf die jüngsten Gewaltvorfälle. Ansetzen will er bei den Kleinsten. Eine Schlüsselrolle spielen die Trainer.

  • Fachtagung im Stadion Essen widmet sich dem Fairplay. Kreis reagiert damit auch auf Gewaltvorfälle
  • Ansetzen will der Kreis bei bereits beim Kinderfußball. Spieler sollen respektvollen Umgang lernen
  • Vereine sollen verpflichtet werden, Regeln der Fairplay-Liga einzuhalten. Schlüsselrolle für Trainer

Spieler gehen auf Schiedsrichter los, schlagen auf Gegenspieler ein: Immer wieder bringen gewalttätige Übergriffe den Amateurfußball in Verruf. Der Fußballkreis Essen will gegensteuern und setzt beim Nachwuchs an: „Wir sind überzeugt, dass wir bei den Kleinsten am ehesten etwas bewegen können“, sagt Essens Kreisvorsitzender Thorsten Flügel. Wie? Durch konsequentes „Fairplay“. Die Erfahrung aber zeigt: Selbst im Kinderfußball tun sich Vereine damit schwer.

Ende des Monats nimmt sich deshalb im Stadion Essen eine Fachtagung der „Fair-Play-Liga“ an. Letztere wurde 2007 als Pilotprojekt im Fußballkreis Aachen entwickelt (siehe Bericht auf dieser Seite); auch in Essen wird das Konzept umgesetzt: Kinder tragen ihre Spiele ohne Schiedsrichter aus.

Sie entscheiden selbst, ob es Einwurf gibt, Abstoß oder Elfmeter. Die Trainer beider Mannschaften moderieren das Spiel gemeinsam. Eltern halten Abstand zum Spielfeld, damit sie das Spiel ihrer lieben Kleinen nicht von außen beeinflussen. Kinder sollen so spielerisch lernen, Regeln und Gegenspieler zu respektieren.

Zwischen Theorie und Praxis klafft eine Lücke

„Es funktioniert. Aber es ist ein zartes Pflänzchen, auf das man aufpassen muss“, sagt Professor Ulf Gebken, Sportwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen und einer der Protagonisten der Fachtagung. Denn noch klafft zwischen Theorie und Praxis eine Lücke, wie jährlich ein halbes Dutzend Verfahren vor der Jugendspruchkammer des Fußballkreises belegen.

Eine Schlüsselrolle kommt laut Gebken den Trainern zu. Ihnen gelte es zu vermitteln, dass sie vielmehr sein müssen als ein Coach. Für viele der Ehrenamtlichen am Spielfeldrand ist das ein Perspektivwechsel. Fußball ist ein Spiel um Punkte, um Sieg oder Niederlage. Eines, das mit hohem körperlichem Einsatz gespielt wird. Vor allem wenn Jungen gegeneinander antreten, geht es schon mal „zur Sache“, wie es gerne verharmlosend heißt.

Trainer müssen einschreiten, wenn ihre Zöglinge unfair spielen. Den Sieg um jeden Preis darf es nicht geben. Leistungsdruck von Trainern oder auch Eltern kann Fairplay konterkarieren. „Wir müssen den Trainern Hilfestellung geben. Sonst kommen wir nicht weiter“, ist Ulf Gebken überzeugt. Dass Heim- und Gästetrainer in der Fair-Play-Liga nicht mehr einander gegenüber stehen, sondern nebeneinander, damit sie Konflikte gemeinsam lösen, ist nur ein Mosaikstein.

Sportwissenschaftler arbeitet an einem Meldesystem

Die Fachtagung im Stadion Essen will Trainern und Betreuern das Konzept noch einmal näher bringen. Für die Essener Fußballvereine ist die Teilnahme verpflichtend. Denn: „Nicht in allen Vereinen wird es gelebt“, bedauert Kreisvorsitzender Thorsten Flügel.

„Wie regeln wir, dass die Vereine sich daran halten?“, fragt Ulf Gebken und gibt selbst die Antwort: „Es muss ein Meldesystem geben.“ Nach einem Spiel sollen die beteiligten Mannschaften dem Kreis eine erste Rückmeldung geben, wie es auf und neben dem Platz gelaufen ist. „Wir wollen dafür eine App entwickeln“, kündigt Gebken an.

Darüber hinaus laute die Devise: „Qualifizieren, qualifizieren, qualifizieren.“ Im Idealfall setzt sich so der Fair-Play-Gedanke auch in den höheren Altersklassen durch, so dass sich eingangs beschriebene Szenen nicht mehr wiederholen. Dahin, weiß Gebken, ist es ein weiter Weg.

INFOS ZUR FACHTAGUNG

Die 1. Fachtagung „Fairplay-Liga“ findet am Samstag, 28. Januar, ab 14 Uhr im Stadion Essen statt. Veranstalter ist der Fußballverein Niederrhein gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen, der Stadt Essen und dem Projekt Essener Chancen.

Schirmherr ist Waldemar Wrobel, Ex-Trainer, von Rot-Weiss Essen. Die Veranstalter erwarten mehr als 100 Teilnehmer. Für Essener Fußballvereine ist die Teilnahme verpflichtend. Infos und Anmeldung: ulf.gebken@uni-due.de und Tel. 0172 7927 657