Essen. . Nach Monaten voller Angst um ihr zu früh geborenes Kind wünscht sich ein junges Paar, dass ihre Tochter 2017 endlich nach Hause kommt.

Ganz behutsam hält Selina Schmücker ihre Tochter Mia im Arm, ihr Partner David und sie schauen zärtlich auf das schlafende Baby. „Es ist ein Wunder, das wir immer noch nicht so ganz fassen können“, sagen beide, und ihre Stimmen klingen froh und traurig zugleich. Mit „Wunder“ meint das junge Elternpaar die Tatsache, dass ihre Tochter lebt und gesund ist. Denn Mia wäre fast im Mutterleib gestorben, hätten die Ärzte im Elisabeth-Krankenhaus sie nicht sofort auf die Welt geholt -- zwölf Wochen zu früh.

Auf einmal keine Kindsbewegungen mehr gespürt

Es war Mitte Oktober, als die werdende Mutter auf einmal keine Kindsbewegungen mehr spürte. Davon alarmiert, ging sie zu ihrer Hebamme, die sie erst mal beruhigte. „Sie hat mich an den Wehenschreiber angeschlossen, der auch die Herztöne des Kindes aufzeichnet. Alles schien in Ordnung zu sein“, erzählt Selina Schmücker.

Doch auch in der anschließenden Nacht wartete die 25-Jährige vergeblich auf Kindsbewegungen. „Ich bin dann morgens direkt zu meiner Frauenärztin gefahren.“ Dann wurde es plötzlich hektisch: „Sie überwies mich sofort in das Elisabeth-Krankenhaus, und zwei Stunden später haben die Ärzte Mia per Kaiserschnitt geholt.“

Mia wog bei der Geburt gerade mal 1000 Gramm

Es war allerhöchste Zeit für das kleine Mädchen: Im Mutterleib hatte es sich total in der Nabelschnur verheddert. „Solche Nabelschnurstrangulationen enden häufig tragisch“, erklärt Dr. Dariusz Michna, Chefarzt der Klinik für Neu- und Frühgeborene, „aber bei Mia konnten wir früh genug reagieren.“

Gerade mal 1000 Gramm wog Mia bei ihrer Geburt, „ich hatte anfänglich Angst, sie überhaupt anzufassen“, sagt Vater David Bernal. Für die jungen Eltern war gerade die erste Zeit eine emotionale Achterbahnfahrt: Mia lag die ersten sechs Wochen auf der Intensivstation im Inkubator, bekam Unterstützung bei der Atmung, weil ihre Lunge noch nicht reif genug war.

Kurze Zeit später hatte sie eine kleine Blutung im Kopf. Gott sei Dank überstand sie auch diese Komplikation ohne Nachwirkungen.

Auf der Frühgeborenen-Intensivstation trinken gelernt

„Es gab viele gute und schlechte Tage, die schlechten haben uns immer wieder gefühlsmäßig aus dem Gleichgewicht gebracht“, erzählt Selina Schmücker. Dazu kamen die Vorwürfe, die sich die Erstgebärende machte: „Habe ich irgendwie Schuld daran, dass Mia zu früh auf die Welt geholt werden musste“, war die quälende Frage, die sie sich immer wieder stellte.

Die Ärzte versuchten, sie zu beruhigen, sagten ihr, dass sie nicht dafür verantwortlich sei. Doch ein Restzweifel bleibt.

Mittlerweile hat sich Mia prächtig entwickelt. Sie nimmt kontinuierlich zu, ist gewachsen und kann seit drei Wochen selbstständig trinken. „Sie ist eine kleine Kämpferin“, sagt David. Täglich ist Selina mehrere Stunden bei ihrer Tochter, spendet ihr viel körperliche Nähe und all ihre Liebe. So oft David kann, ist auch er auf der Frühgeborenen-Intensivstation im Krankenhaus.

2017 soll Mia endlich nach Hause kommen

„Wir hatten Glück im Glück“, sagt Selina Schmücker. Damit meint sie nicht nur die Tatsache, dass Mia lebt und gesund ist, sondern auch, dass sie seit kurzem in einem Land lebt, in der die medizinische Versorgung gerade auch im Notfall hochprofessionell ist. Die deutsch-spanische Buchhalterin und der spanische Forstwirt sind erst vor drei Jahren aus Tarragona nach Essen gezogen; die berufliche Perspektivlosigkeit zwang sie dazu. „Wer weiß, ob Mia überlebt hätte, wenn wir in Spanien geblieben wären?“

Doch zukünftig möchten sich Selina und David weniger mit Schicksalsfragen beschäftigen. Ins nächste Jahr wollen sie lieber als richtige Familie starten. Und haben deswegen nur einen Wunsch: Mia soll endlich nach Hause kommen.