Essen. . Die Radarkontrollen der Stadt Essen an der A 52 sollen rechtswidrig sein. Davon geht ein Anwalt aus, der Autofahrern rät, Einspruch einzulegen.

  • Schon über 4000 Autofahrer wurden an der A 52 zwischen Kettwig und Rüttenscheid geblitzt
  • Rechtsanwalt bezweifelt, dass die Stadt das Radargerät überhaupt benutzen darf
  • Der Streit geht um die Frage, ob es sich um eine mobile oder stationäre Messung handelt

Mehr als 4000 Autofahrer wurden in den vergangenen vier Wochen an der A 52-Baustelle zwischen Kettwig und Rüttenscheid wegen überhöhter Geschwindigkeit (dort gilt Tempo 80) geblitzt. Denen rät jetzt der Wuppertaler Rechtsanwalt Tim Geißler, nicht zu zahlen, sondern Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen. Sein wichtigstes Argument: Die Stadt darf seiner Ansicht nach dieses Radargerät an der A 52 überhaupt nicht einsetzen. Und das deshalb, weil der Super-Blitzer auf zwei Rädern steht.

Stadt Essen darf nur stationär an der A 52 messen

Der Fachanwalt für Strafrecht, der drei betroffene Autofahrer vertritt, die vom neuen Blitzer hinter der Anschlussstelle Kettwig Richtung Essener Innenstadt aufgenommen wurden, beruft sich dabei auf das Ordnungsbehördengesetz NRW. Das erlaubt zwar seit drei Jahren auch Kommunen, an Autobahnen Tempokontrollen zu machen, wenn dort etwa wegen Bauarbeiten von einer Gefahrenstelle auszugehen ist, aber im Paragrafen 48 steht auch, dass Geschwindigkeitskontrollen mit mobilen Anlagen auf Bundesautobahnen der Polizei vorbehalten bleiben. Die Kreisordnungsbehörden (in diesem Fall die Stadt Essen) sind nur „befugt, stationäre Geschwindigkeitsmessanlagen einzurichten“.

Und hier liegt der Fall jedenfalls für Rechtsanwalt Tim Geißler ziemlich klar. Das von der Stadt verwendete Modell „Enforcement Trailer“ der Wiesbadener Firma „Vitronic“ ist ein Poliscan-Messgerät, das auf einem Anhänger installiert ist. Zwar lässt der sich hydraulisch bis auf den Wagenboden absenken. Aber der Anhänger hat Räder, und ist fast mit jedem Fahrzeug bewegbar, das eine Anhängerkupplung hat. „Das ist ein mobiles Radargerät“, sagt Geißler unserer Zeitung – und das sei damit für die Stadt tabu. Auf seiner Internet-Seite schreibt der Fachanwalt, dass „sehr gute Argumente“ dafür bestehen, dass die Messungen rechtswidrig sind.

Anwalt kündigt gerichtliche Klärung an

Die Herstellerfirma, die den Blitzer-Anhänger an die Stadt vermietet hat, sieht das naturgemäß anders. Als „semi-stationär“ bezeichnet Firmensprecher Patrick Schulze den Blitzer in Essen. Das Poliscan Messsystem habe eine Zulassung für die Geschwindigkeitsmessungen aus Fahrzeugen heraus. „Eine Unterscheidung nach mobiler oder stationärer Messung muss überhaupt nicht gemacht werden“, so Schulze. „Das System darf sowohl auf einem Stativ betrieben werden, als auch in einem stationären Gehäuse wie auch aus einem Fahrzeug heraus messen.“

Ähnlich argumentiert die Stadt. „Die Anlage ist aufgrund des technischen Standards und der umfangreichen Arbeiten bei Abbau und Neuaufstellung mit einer stationären Überwachungsanlage vegleichbar“, betont Rathaus-Sprecher Martin Rätzke.

Was als stationär und was als mobil gilt, will Anwalt Geißler juristisch klären lassen – möglicherweise gar vor dem Oberlandesgericht. Der Hersteller wirbt derweil mit dem Motto: „Macht stationäre Verkehrsüberwachung mobil“.

>>MITARBEITER RICHTIG GESCHULT?


Der Fachanwalt für Strafrecht, Tim Geißler, bezweifelt, dass das Radargerät fachkundig aufgestellt worden ist. „Der zuständige Mitarbeiter muss dafür nachweislich besonders geschult sein. Dazu bedarf es einer Schulungsbescheinigung“, so Geißler.

Dazu erklärte am Donnerstag die Stadt: „Das Gerät wird ausschließlich durch die Herstellerfirma nach Vorgaben der Stadt umgesetzt und durch die Herstellerfirma technisch betreut“, so Rathaus-Sprecher Martin Rätzke. Das Gerät selbst sei zertifiziert.