Essen. . Zurückgehaltene 90 Millionen Euro im Stärkungspakt werden ausgezahlt, Beförderungen nachgeholt. Bezirksregierung lockert die Zügel aber nicht.
- „Frohe Botschaft“ kam rechtzeitig zur letzten Ratssitzung des Jahres und sorgt für Erleichterung
- Neue freiwillige Leistungen werden aber nur akzeptiert, wenn bestehende dafür entfallen
- Außerdem mahnt die Bezirksregierung, keine neuen Großprojekte mit Folgekosten anzufangen
Für die frohe Botschaft aus Düsseldorf war der Zeitpunkt gut gewählt. Zehn Tage vor dem Christfest und nur zweieinhalb Stunden vor der letzten Ratssitzung des Jahres kam Mittwochmittag per Fax die seit langem erhoffte Nachricht aus Düsseldorf: Der zeitweise arg aus den Fugen geratene Essener Etat für 2016 ist genehmigt.
Ein Weihnachtsgeschenk nicht nur für viele Rathaus-Mitarbeiter, deren Beförderung zuletzt auf Eis lag. Sondern auch das Signal, dass damit die seit 1. Dezember fällige, aber absichtlich zurückgehaltene Rate von 90 Millionen Euro aus dem NRW-Stärkungspakt doch noch kurzfristig ausgezahlt wird.
Ein gutes Ende ist „hinreichend hoch wahrscheinlich“
In ihrer Verfügung macht Regierungspräsidentin Anne Lütkes jedoch deutlich, dass der Segen der Bezirksregierung die Essener Verantwortlichen keineswegs übermütig machen soll: Sie habe die Genehmigung nur „unter Zurückstellung von Bedenken erteilt“, schreibt Lütkes, sorgten die ausufernden Asyl-Kosten doch noch zur Jahresmitte dafür, dass die Zahlen tiefrot ausfielen und das Minus von ursprünglich 3,4 auf 77,6 Millionen Euro hochschnellte.
Was die Finanzaufseher in der Landeshauptstadt milde stimmte, war der Umstand, dass das Zahlenwerk für die kommenden Jahre umso besser ausfiel. Schon 2017 soll nach einem Vierteljahrhundert voller Defizite unterm Strich zum ersten Mal wieder ein Plus von immerhin 17,7 Millionen Euro stehen. In den Folgejahren fällt es sogar noch spürbar höher aus. So bestehe „zumindest eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit“ dafür, dass Essen auf Dauer aus der Finanzmisere kommt. 2020 soll der Etat dann erstmals ohne zusätzliche Landesmittel im Lot stehen.
Kritisches Augenmerk auf Personal und Beteiligungen
Eine Genehmigung „auf Bewährung“ also, und Regierungspräsidentin Anne Lütkes lässt keinen Zweifel daran, dass man von Düsseldorf aus mit Argusaugen auf die Essener Stadtfinanzen blickt.
Dies vor allem auf zwei Feldern: bei der städtischen Belegschaft, wo nach Jahren des Personalabbaus wieder 250 Neueinstellungen anstehen, und bei den städtischen Beteiligungen, wo die Stadt erste Schritte eingeleitet habe, um den „Konzern Stadt“ zu steuern. Ob das reicht, werde sich zeigen.
Schulden loszuwerden geht im Zweifel vor
Auch künftig wird die Aufsicht ihre Zügel jedenfalls nicht nennenswert locker lassen: Unvermeidliche zusätzliche Ausgaben müssten an anderer Stelle aufgefangen werden, heißt es, und wenn sich die Finanzlage auf einem Feld spürbar verbessert, darf die Stadt dennoch auf bereits beschlossene Sparvorhaben nicht verzichten. Außerdem gilt: Neue freiwillige Leistungen darf die Stadt nur bieten, wenn sie andere bestehende freiwillige Zahlungen in mindestens gleicher Höhe einkassiert.
Und schließlich: Angesichts eines immer noch dramatischen Schuldenstandes erwartet die Regierungspräsidentin, dass Essen auf neue teure Großprojekte mit entsprechenden Folgekosten verzichtet und sich stattdessen auf dringliche Vorhaben beschränkt.
Die Schulden loszuwerden, so Lütkes, geht im Zweifel vor.
>>KÄMMERER GEHT IM APRIL ZU STADTWERKEN
Der lang ersehnte und schmerzhaft erkämpfte Schritt hin zu einem Stadt-Etat im Lot könnte für ihn passender nicht kommen: Lars Martin Klieve, Essener Stadtkämmerer seit 2009, wechselt zum 1. April 2017 als Co-Chef zu den Stadtwerken Essen. Die Bestellung soll in der für heute angesetzten Aufsichtsrats-Sitzung erfolgen.
Klieve, dessen Amtszeit offiziell noch bis zum 4. Oktober läuft, soll für diesen Wechsel von seinem Kämmerer-Posten beurlaubt werden. Dies bedeutet aber auch, dass der Kämmerer-Job in Essen erst zum 5. Oktober 2017 wieder neu besetzt werden kann. Dem Vernehmen nach will der Rat im Februar die Ausschreibung auf den Weg bringen.