Essen. In Essen haben U-Bahnen und Straßenbahnen verschiedene Spurbreiten. Das erschwert nicht nur den Bau barrierefreier Haltestellen.
- Straßenbahnen und U-Bahnen in Essen haben unterschiedliche Spurbreiten
- Beim Bau von barrierefreien Haltestellen sorgt das für Komplikationen
- Verkehrsexperten fordern einheitliche Gleise und den Umbau von 40 km U-Bahn-Netz
Die Stadt Essen soll ihre 40 Kilometer langen U-Bahn-Gleise langfristig zurückbauen und durch die schmalere Meterspur ersetzen, die bisher nur für Straßenbahnen vorgesehen ist. Dafür plädiert der SPD-Verkehrsexperte Matthias Vollstedt.
Mit seiner Forderung steht der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins-Mitte (der hauptberuflich Verkehrsdezernent der Düsseldorfer Bezirksregierung ist) nicht allein.
Der SPD-Parteitag forderte bereits im Mai, diese Variante zu prüfen. Und zuletzt machten sich die Grünen für eine einheitliche Gleisbreite im Schienennetz der Essener Verkehrs AG (Evag) stark. Dann würde auch der unterirdische Verkehr im U-Bahnhof Hauptbahnhof nicht mehr auf zwei verschiedenen Gleisbreiten, sondern auf gleich weiter Spur und damit flüssiger laufen, glaubt Rolf Fliß (Grüne), Vorsitzender des Bau- und Verkehrsausschusses.
Das Problem in Essen ist, dass Straßenbahnen und U-Bahnen wegen der unterschiedlichen Spurweiten jeweils nur ihr eigenes Gleisnetz nutzen können: Die U-Bahnen fahren auf Normalspur (1,435 Meter Weite), die Trams auf Meterspur (genau ein Meter Weite). Während bei der Düsseldorfer Rheinbahn die Züge auf allen Schienenverbindungen verkehren können, geht das in Essen mit seinen zwei unterschiedlichen Spurweiten nicht.
Dieses komplizierte duale System besteht zwar schon seit Beginn des Essener U-Bahn-Betriebes in den 1970er Jahren, ist aber wegen der aktuellen Pläne der Evag, alle Haltestellen barrierefrei umzubauen, jetzt noch ein Stück komplizierter geworden und deshalb wieder auf die politische Tagesordnung gerückt. Wie berichtet, sollen auf der Südstrecke an den Stationen Martinstraße, Rüttenscheider Straße und Philharmonie zwei verschiedene Einstiegshöhen geschaffen werden, damit dort neben der U 11 auch Niederflur-Straßenbahnen der Linien 107 und 108 am selben Bahnsteig stoppen können, mit der Folge, dass dann aber bei Großveranstaltungen keine längeren Züge zur Messe fahren können.
Matthias Vollstedt hält davon wenig, spricht von einer „halbgaren Lösung“. Besser wäre es, dort nur noch Niederflur-Trams fahren zu lassen und auf die Normalspur für U-Bahnen zu verzichten. Das sagt auch die Mobilität-Werk-Stadt, die ausschließlich Straßenbahnen auf der Messelinie U 11 fahren lassen will. Die Grünen stimmten letztlich im Bau- und Verkehrsausschuss zwar den Umbauplänen für die drei Bahnhöfe zu, sie sehen diese Lösung aber nur als Provisorium. Bereits in der Sitzung des Rates am 14. Dezember fordern sie einen Prüfantrag, die Messe-Linie (U11) auf schmalerem Gleis zu führen. Und nicht nur dort: „Langfristig wollen wir endgültig zurück zur Meterspur“, betont Rolf Fliß.
Ankauf neuer U-Bahnen steht an
Die Weiche für die einheitliche Spurbreite müsste spätestens aber dann fallen, wenn 2019 die Vorbereitungen für den Kauf einer neuen U-Bahn-Flotte beginnen. Schließlich wollen die Hersteller wissen, wie groß der Radabstand sein darf.
Und es geht um viel Geld. Auch Matthias Vollstedt hält diesen Zeitpunkt für entscheidend. Denn: Sollte die Evag in einer dreistelligen Millionenhöhe noch Dutzende neue U-Bahnen für die Normalspur bestellen, würde der Wechsel zur Meterspur auf Jahrzehnte versperrt werden. Vollstedt will daher schon jetzt die Diskussion über die Zukunft des Essener Schienennetzes in Gang bringen. Sein Zukunftsbild: Die Evag rüstet um auf eine Niederflur-Bahn auf Meterspur. Die kann dann überall fahren.
So lässt sich bei einer Störung eine Tram beispielsweise auf ein U-Bahn-Gleis umleiten. Vor allem: Die Verkehrsplaner hätten wieder Spielraum für neue Linien, auch für überörtliche. Vollstedt: „Wir hätten im Gleisnetz wieder eine Einheit mit Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum, Herne, Witten und Hattingen.“
Und der Komfort für die Fahrgäste? Wird nicht beeinträchtigt, findet Vollstedt. Weil die Fahrzeugkabinen der Meterspur-Bahnen nur rund 15 Zentimeter schmaler als bei den U-Bahnen seien.