Essen. . Die Essener Choreografin Jelena Ivanovic begibt sich mit „reTURN“ auf Spurensuche. Ein Kindheitsroman über den Bosnienkrieg ist die Grundlage
Es kommt natürlicher häufiger vor, dass Grillo-Schauspielerin Silvia Weiskopf einen Roman in die Hand gedrückt bekommt, um sich auf die nächste Aufgabe einzustimmen. Dass ihr eine Choreografin diesen Roman in die Hand drückt, die mit dem Buch auch ganz persönliche Fragen und Erfahrungen zum Ausdruck bringen will, das passiert schon seltener. Dass die Choreografin ihr Tanzstück am Ende eben nicht nur mit einer Tänzerin, sondern auch mit der Schauspielerin Silvia Weiskopf besetzt, das macht dieses Projekt so spannend, das am 17. Dezember, 20 Uhr, in der „Box“ Premiere hat.
„reTURN“ ist eine Koproduktion des Ivanovic-Clans und des Schauspiel Essen. Und es ist der Versuch, das Tanztheater in seiner Ausdrucksform wieder einmal zu erweitern. Denn „reTURN“ teilt sich nicht nur über das gewohnte Tanzvokabular mit. Dieser Abend bewegt auch mit Worten.
Jelena Ivanovic, Mitbegründern des Festivals „638 Kilo Tanz“ und aktive Beleberin der Essener Kulturszene, hat für dieses Projekt Saša Stanišics Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ausgewählt. Es handelt von einem Kind, das in Bosnien-Herzegowina aufwächst, den Irrsinn des Krieges zwischen ungestümen „Klofesten“ und Kaffeesatz-Lesen erlebt und als Heranwachsender nach Essen kommt. Ein Buch, das von Abschied und Aufbruch erzählt, von Ankunft und Erwachsenwerden und der Frage, ob es eine Rückkehr gibt, einen reTURN.
Realität und Erinnerung prallen aufeinander
Jelena Ivanovic, die in Essen aufgewachsen ist und deren Eltern aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen, ist dieses Hinterfragen von Herkunft und Heimat nicht ganz fremd und sie hat den Roman als Arbeitsmaterial genommen, ohne autobiografisch werden zu wollen. Dafür holt sie mit Silvia Weiskopf und der syrischen Tänzerin Yara Eid zwei Frauen auf die Bühne, die das Prototypische ihrer Heimat, aber auch das Gegensätzliche ihrer eigenen Natur in Bewegung übersetzen. Überbordendes Temperament und Rückzug, Realität und Erinnerung prallen da aufeinander und sorgen für ein künstlerisches Hinterfragen: Wie bezieht sich die Identität eines Menschen auf die eigene Körpersprache? Das alles soll auch mit Humor und Leichtigkeit passieren, zu schmissigen Balkan-Beats und Swing, sagt Ivanovic. Manchmal wird der Abend sogar zum Hörspiel. Dann wird der Krieg plötzlich in Form einer Fußballspiel-Übertragung ganz greifbar – und ganz friedlich.
Mehr Termine: 18./20. Dezember, 17./28. Januar, 19./23. Februar, jeweils 20 Uhr.
Tickets (17 Euro) unter Telefon 81222-200