Essen. . Immer mehr Frauen suchen Schutz im Frauenhaus vor ihren brutalen Männern. Doch die Aufnahmekapazitäten dort sind begrenzt.
- Bei der Polizei sind die Anzeigen häuslicher Gewalt in wenigen Jahren deutlich gestiegen
- Auch beim Essener Frauenhaus suchen immer mehr Frauen Schutz und Hilfe nach Übergiffen ihrer Männer
- Die Einrichtung aber stößt längst an ihre Aufnahmegrenzen
Das Frauenhaus in Essen hat in diesem Jahr so viele hilfesuchende Frauen wie noch nie abweisen müssen. „So schlimm war es noch nie“, sagte Mitarbeiterin Ulrike Röhr. Die Anfragen von Frauen hätten enorm zugenommen. Doch die Kapazitäten des Frauenhauses reichen nicht aus.
Auch aktuell sind die 23 Plätze im Haus voll belegt. „Wir versuchen, hilfesuchende Frauen an andere Häuser zu verweisen, die noch freie Plätze haben, aber auch das wird schwieriger“, meint Ulrike Röhr.
Kaum noch günstige Wohnungen
Im vergangenen Jahr mussten die Mitarbeiterinnen des Essener Frauenhauses 135 Frauen ablehnen, dieses Jahr seien es schon über 200 gewesen, und das Jahr ist noch nicht zu Ende. Ob die Entwicklung dafür steht, dass häusliche Gewalt zunimmt, darüber mag Ulrike Röhr nicht spekulieren. Tatsache sei, dass das Thema aus der Tabu-Ecke herausgeholt wurde und die Möglichkeit, Zuflucht in Frauenhäusern zu finden, damit bekannter geworden sei. Vergangenes Jahr kamen insgesamt 62 Frauen und 67 Kinder im Essener Frauenhaus unter.
Die Zahlen der Polizei deuten allerdings durchaus daraufhin, dass häusliche Gewalt zunimmt bzw. Frauen eben eher bereit sind, Gewalttaten ihrer Männer anzuzeigen. Dieses Jahr gab es bis Ende November bereits 1009 Fälle, in denen Frauen bei der Polizei Anzeige gegen ihren gewalttätigen Mann erstatteten. Damit ist die Zahl binnen weniger Jahre rasant gewachsen. 2010 zählte die Polizei in Essen noch 567 solcher Anzeigen im gesamten Jahr.
Anzeigen binnen sechs Jahren fast verdoppelt
In mehr als der Hälfte der Fälle forderte die Polizei die Männer auf, die Wohnung zu verlassen bzw. verhängte ein Rückkehrverbot. Ein Sprecher der Polizei unterstrich: „Es gilt die Maxime: Wer schlägt, fliegt.“
Dennoch ist für viele Frauen der Weg ins Frauenhaus oft der letzte Ausweg. „Nur, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, dann kommen die Frauen zu uns“, so Ulrike Röhr. Viele sind zwischen 19 und 40 Jahre alt, aber auch Ältere haben die Mitarbeiterinnen schon aufgenommen.
Der Weg aus dem Frauenhaus zurück in eine eigene Wohnung wird für viele Frauen indes schwieriger. „Gerade ausländische Frauen haben es mittlerweile schwer, günstigen Wohnraum in Essen zu finden“, sagt Ulrike Röhr. Das würde wohl am Zuzug der Flüchtlinge liegen. „Die Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum ist größer geworden.“ Ob sich damit die Situation knapper Plätze im Frauenhaus noch verschärft, darüber konnte Ulrike Röhr noch keine Prognose abgeben.
Frauenhaus auf Spenden angewiesen
17,65 Euro müssen die Frauen derzeit pro Tag und Person für den Aufenthalt zahlen. Zuviel Geld, um es allein aus der eigenen Tasche bezahlen zu können. Die Sozialbehörden übernehmen bei bedürftigen Frauen in der Regel die Kosten. Doch dauert die Beantragung des Geldes oft lang, so dass die Frauenhäuser die Frauen dann auf eigenes Kostenrisiko aufnehmen müssen. „Deshalb fordern wir schon lange eine institutionelle Förderung der Frauenhäuser, so dass eine Kostenübernahme garantiert ist“, sagt Ulrike Röhr.
Land und Stadt fördern zwar die Personalkosten in den Frauenhäusern mit Zuschüssen. Allerdings ist die Finanzierung dadurch noch immer nicht gedeckt. „Wir sind auf Spenden angewiesen und müssen einen Großteil der Arbeit auf Spendenakquise verwenden“, so Ulrike Röhr.