Essen. . Vor 30 Jahren wurde in Essen, der einst größten Bergbaustadt Europas, die Kohlenförderung eingestellt. Ausstellung erinnert an Wandel auf Zollverein.
- Am 23. Dezember 1986 stellte die Essener Zeche Zollverein die Kohlenförderung ein
- Damals lautete die Frage: Abrissbirne oder unter Denkmalschutz stellen?
- Die neue Ausstellung „Zollverein im Wandel“ illustriert den Aufstieg zum Weltkulturerbe
Abrissbirne oder unter Denkmalschutz stellen? Heute ringt diese Frage den Verantwortlichen auf Zollverein ein müdes Lächeln ab. Doch vor genau drei Jahrzehnten hatte sie eine kontrovers und hitzig geführte Debatte ausgelöst. Der Anlass: Am 23. Dezember 1986 war „Schicht im Schacht“ für die Zeche Zollverein.
In Essen, der einstmals größten Bergbaustadt Europas, stellte die letzte von 291 Schachtanlagen ihre Förderung ein. Das Ende der Kohle markiert den zugleich den Beginn einer neuen Ära: Zollverein sollte Weltkulturerbe werden und Museumsstandort, Touristenmagnet und neues Wahrzeichen des Reviers.
Knappenchor von Consolidation singt das Steigerlied
Anlässlich der Stilllegung vor 30 Jahren zeigt die Ausstellung „Zollverein im Wandel“ Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser ungewöhnlichen Zeche. Angesprochen sind nicht nur Touristen aus fernen Ländern, sondern auch die Nachbarn aus dem gleichnamigen Bezirk.
Bevor die Experten auf dem Podium an jene Dezembertage 1986 erinnerten, verbreitete der Knappenchor der Zeche Consolidation mit dem Steigerlied für nostalgische Herzenswärme. Und das auch noch am Tag der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute.
„Ein Pütt unter Denkmalschutz - wie soll das gehen?“
„Ein Pütt unter Denkmalschutz – wie soll das vor sich gehen?“. Günter Stoppa, der einzige Bergmann auf dem Podium und seit 28 Jahren Gästeführer, erinnerte an den Zeitgeist vor 30 Jahren. Eine Zeit, in der ausgemusterte Zechen selbstverständlich abgerissen wurden. Wer sich für den Erhalt von Kohlenwäschen, Fördermaschinenhäusern und Schloten aussprach, galt damals als Exot.
Wie etwa Christoph Zöpel, der damalige NRW-Bauminister und oberste Denkmalschützer des Landes. Mit Blick auf das damals gerade novellierte Denkmalschutzgesetz stellte er im Rückblick fest: „Zollverein als Denkmal zu erhalten, war rechtlich zwingend geboten.“
Ehefrau des damaligen NRW-Ministers gab Ratschlag
Das klingt sehr nüchtern, aber Zöpel fügte eine private, ja menschelnde Anekdote hinzu. Er sei damals mit seiner Frau nach Zollverein gefahren und habe die Anlage in Augenschein genommen. „Ist das ein Denkmal“, habe er gefragt.
Darauf habe sie erwidert: „So was dürfen wir nicht abreißen“. Ein Satz, den das Publikum in Halle 5 mit viel Beifall quittierte. Auch der heutige NRW-Bauminister Michael Groschek verneigte sich vor Zöpel. „Lieber Christoph, ohne dich stünden wir nicht hier, sondern würden vielleicht an einem Drive-In von McDonald’s vorbeifahren.“
Schacht XII als Symbol für das Ruhrgebiet
OB Thomas Kufen beschwor die harte Maloche und den Geist der Innovation, den Wandel von der größten Montan- zur grünen Hauptstadt. Und fügte hinzu: „Zollverein braucht auch Liebe.“
Oliver Scheytt, der frühere Kulturdezernent, sieht den Doppelbock als Wahrzeichen der Region und forderte: „Die politische Klasse des Ruhrgebiets soll sich endlich hinter diesem Symbol vereinen.“ Dass in den letzten 30 Jahren 400 Millionen Euro öffentliche Gelder nach Zollverein geflossen sind, löst anderswo oft ein neidisches Raunen aus. Zu Unrecht, findet Scheytt. Er sagte: „Was ist hier? Richtiges Leben!“