Essen. . Zum Welt-Aids-Tag schlägt der Verein von der Varnhorststraße Alarm und fordert mehr finanzielle Unterstützung von der Stadt.

  • Die wichtige Arbeit mit Flüchtlingen sei nicht mehr sicherzustellen, klagt die Aids-Hilfe
  • Die betreuten Menschen klagen über einen Mangel an Kontakten
  • Viele outen sich nicht, weil sie Angst vor Diskriminierung und Übergriffen haben

Die junge Frau aus Eritrea kennt ihre Krankheit nicht. Von HIV hat sie nie gehört. Doch sie hat sich infiziert. Ob in ihrem Heimatdorf oder auf der Flucht – niemand weiß es. Klar aber ist: Die Hochschwangere, die kurz vor der Niederkunft steht, braucht dringend Hilfe, eine Therapie und Medikamente gegen das Virus wie ihr Baby auch, sobald es das Licht der Welt erblickt hat.

Es sind Fälle wie diese und viele andere Schicksale von Menschen aus fernen Ländern, die die Aids-Hilfe-Essen seit Monaten vor ganz neue Herausforderungen stellen. Zum heutigen Welt-Aids-Tag schlägt der Verein von der Varnhorststraße Alarm. Mit Bordmitteln allein ist die Unterstützung und Begleitung von Flüchtlingen nicht mehr sicherzustellen. „Wir fordern deswegen eine spürbare Erhöhung der zur Verfügung stehenden Mittel durch die Stadt Essen“, sagt Markus Willeke, Geschäftsführer der örtlichen Aids-Hilfe.

Es gehe um eine Stelle mehr, aufgeteilt auf drei Mitarbeiter, betont Daniela Flötgen, Leiterin der Beratungsstelle der Aids-Hilfe: „Wir haben einen massiven Zulauf von Flüchtlingen. Wir brauchen diese Stelle zur Begleitung der Menschen.“ 14 Asylsuchende werden zurzeit unterstützt, zum Teil jeweils fünf bis sechs Stunden pro Woche.

Viele Flüchtlinge, die das Virus in sich tragen, stammen nach Erkenntnissen der Aids-Hilfe aus Herkunftsländern, in denen eine bekannte HIV-Infektion Verfolgung und Ausgrenzung nach sich ziehe. „Die Männer und Frauen berichten nicht von einem Mangel an Kleidung oder Nahrung, sondern dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten“, weiß Flötgen. Die sind vor allem in den Flüchtlingsunterkünften der Stadt kaum möglich. Ein Outing für Menschen mit HIV oder Männer, die Sex mit Männern haben, komme für sie in den Asylbewerberheimen nicht infrage, da sie dort auf engstem Raum mit Flüchtlingen aus anderen Kulturkreisen zusammenleben müssen, die etwa einer Homosexualität alles andere als tolerant begegnen. Die Betroffenen lebten deshalb in ständiger Angst vor Übergriffen. Da sie sich in den meisten Fällen selbst in Beratungsgesprächen nicht trauten, sich zu ihrer Krankheit oder auch zu ihrer Neigung zu bekennen, werde eine Infektion oft erst bei ärztlichen Untersuchungen festgestellt. Bei 20 Flüchtlingen aus den Ländern der Subsahara in Afrika sei das Virus schon festgestellt worden. 290 aber, so Flötgen, leben nach Erkenntnissen der Aids-Hilfe in den Essener Unterkünften. Und die anzunehmende Dunkelziffer der tatsächlichen Infektionen unter den Menschen sei hoch.

Es müsse sichergestellt sein, sowohl die medizinische Behandlung sicherzustellen, als auch die Integration der Menschen mit HIV in Essen zu ermöglichen, fordert Markus Willeke: „Die Aids-Hilfe kann diese Arbeit mit den bestehenden Ressourcen und über Spenden nicht sicherstellen.“

In dieser Stadt leben etwa 2500 HIV-Infizierte. Eine Zahl, die seit Jahren konstant ist. Noch.