Folkwang-Absolventen glänzen im Musical "Pinkelstadt"
Kein Mensch muss müssen, sagt man ja so schön. Im Musical "Pinkelstadt" ist das anders. X-beinig stehen die Menschen vor der "Öffentlichen Bedürfnisanstalt Nr. 9". Erst zahlen, dann pinkeln: Auf diese Reihenfolge achtet Klofrau Friede Fennichfux. Sie agiert im Auftrag der "GMbHarn und Klo KG", die das private Wasserlassen längst verboten hat. Zuwiderhandlungen werden mit der Deportation nach Pinkelstadt bestraft, einem Ort, von dem nie jemand zurückgekehrt ist.
Ein originelles Stück hat sich der Studiengang Musical an der Folkwang Hochschule für sein Abschlussprojekt in diesem Jahr ausgesucht. In "Pinkelstadt" ("Urinetown", UA 2001) hüllt Autor Greg Kotis aktuelle Themen in das Gewand einer Groteske. Die Wirkungsmechanismen totalitärer Systeme spielen eine Rolle, auch das Schreckgespenst der Unausweichlichkeit ökologischer Katastrophen. Zudem parodiert "Pinkelstadt", so ganz nebenbei, ein ganzes Genre. Aufgehängt wird die Story an Jonny Stark, dem Revoluzzer, der freies Pinkeln für alle fordert. Er liebt Freya von Mehrwerth, die ausgerechnet die Tochter des fiesen Firmenbosses Werdmehr ist.
In der Neuen Aula der Folkwang Hochschule herrscht im Publikum schon nach kurzer Zeit ausgelassene Stimmung. Viel Tempo und eine Menge fetzige Musik sorgen dafür. Die brillanten Songs von Mark Hollmann sind bei Patricia Martin und ihrer kleinen Combo in den allerbesten Händen. Titel wie "Renn Freiheit renn" nimmt man mit nach Hause: Ein Musical, das seinen Zweck durchaus erfüllt.
Die Stars des Abends waren natürlich die Absolventen. Tim Hüning ist als naiver Held Jonny ideal besetzt. Als Friede Fennichfux bot Sabine Ruflair ein hinreißendes Rollenporträt und beeindruckte auch mit Stimmgewalt. Nicole Gütling als Klein-Erna gab nicht nur die Göre, sondern durfte zum Glück am Schluss dann doch noch singen. Ana#139s Lueken (Freya) und Markus Schneider (Werdmehr) standen ihr im Singen, Tanzen und Schauspielern in nichts nach. Regisseur Gil Mehmert schuf eine Inszenierung aus einem Guss. Spartanisch fast bleibt dabei die Bühne. Ein paar Neonsymbole, eine Reihe Flügeltüren. "Auf nach Pinkelstadt" also! Weitere Aufführungen sind nur noch am 5. und 6. Juni.
Karten: Tel: 4903-231 Geboren 1965 in Werne, aufgewachsen in Marl und Werne, studierte Regie bei August Everding, inszenierte seitdem über 50 Theaterstücke und Musicals.