Die Fotografien in der City von Essener Architekturen, die den Namen anderer Weltstädte tragen, sollen einen Aha-Effekt auslösen. "Horizons" heißt das Projekt von Uwe Stelter, das jetzt die VHS ausstellt

"Ceci n'est pas une pipe" (Dies ist keine Pfeife) schrieb Magritte unter sein Bild einer Pfeife. Natürlich nicht, es ist das Bild einer Pfeife. Was Flaneure aber derzeit in der Innenstadt in den Plakat-Schaukästen oder im Einzelhandel zu sehen bekommen, ist ähnlich irritierend, doch doppelt trügerisch. Über einem Bild der Philharmonie steht "Mexico City", eine Seitenansicht der Villa Hügel trägt die Überschrift "Vienna", der Eingang der Stadtbibliothek ist mit "Osaka" unterschrieben. Keine der Aussagen ist richtig. Es sind Assoziationen von Essen zu Weltstädten. Uwe Stelters Assoziationen. Sein Fotoprojekt trägt den Titel "Horizons" (Horizonte).

"Die Fotografien sind eine Art metropolitaner Weltspaziergang", sagt Uwe Stelter über seine 22 Fotografien von Essener Stadtansichten, die er mit den Namen von Metropolen dieser Welt versehen hat. Ihn erinnert die Grugahalle an Brasilia, das Schloss Borbeck an Locarno und die Folkwang-Hochschule an Lissabon. "Jeder Mensch hat Assoziationen zu einer Stadt wie etwa Brüssel. Er hat Bilder im Kopf, auch wenn er sie noch nie gesehen hat", sagt Stelter. Mit den Assoziationen der Betrachter seiner Bilder will der Künstler aus Hannover spielen.

Die eigene Stadt aus der Perspektive eines Fremden zu sehen, kann reizvoll sein. Das zeigte zuletzt das "U(topia) 18"-Projekt, die Stadtintervention der Berliner Architekten Jan Liesegang und Matthias Rick für das Schauspiel Essen. Darüber hinaus prägen die Fotografien einer Stadt ganz besonders ihr Image, in dem sie ihr Erscheinungsbild fokussieren, ihre Qualitäten herausstellen und ihr Profil schärfen.

Die Essen Marketing Gesellschaft (EMG), die in dem Fotoprojekt auch eine unkonventionelle Form der Stadtwerbung sieht, unterstützt aus diesem Grund die Veröffentlichung Stelters Fotografien. Seine Arbeiten sind Irritationen. Irritierend in diesem Zusammenhang ist zumindest auch, dass Stelter in Hannover, seiner Heimatstadt, ein analoges Projekt bereits realisiert hat, teilweise unter Verwendung derselben Metropolennamen. Ein Alleinstellungsmerkmal im Sinne eines Werbe-Effekts wird für Essen durch das Kunstprojekt damit nicht erzielt. Der Aha-Effekt jedoch, der zweifellos durch die Irritation entsteht, bleibt - zumindest für vier Wochen. So lange ist die Ausstellung in den Plakatkästen der Innenstadt angesetzt.

Gebündelt sind die 22 Arbeiten Stelters anlässlich des Wissenschaftssommers auch in der Neuen Galerie der VHS zu sehen. Zur Ansicht steht in der Galerie auch die Postkarten-Edition von 20 "Horizons"-Motiven, die im Buchhandel vertrieben wird. In der Zusammenschau der Motive erhält der Betrachter in der Volkshochschule einen Gesamteindruck der fotografischen Weltreise, den er sich als städtischer Rundgänger erst erlaufen muss.Die VHS zeigt die Ausstellung "Horizons" von Uwe Stelter vom 5. bis 30. Juni in der Neuen Galerie (Foyer). Am 6. Juni um 19 Uhr lädt die Volkshochschule zu einer Führung und einem Gespräch mit dem Künstler ein. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 20:30 Uhr."Jeder Mensch hat Assoziationen zu einer Stadt."