Inspiriert vom englischen Künstler Simon Starling nutzten Jugendliche die Umbruchsituation im Museum Folkwang kurz vor dem Abriss zur Entwicklung eigener Installationen

Eingestürzte Mauern, aufgerissene Böden, Schmutz auf Teppichen und leere Vitrinen - das verlassene Museum. Kurz vor dem Abriss des Altbaus wurde diese Tatsache zugleich Titel und Chance eines Workshops für Jugendliche zur aktuellen Ausstellung "Nachbau" von Simon Starling im Museum Folkwang.

Das Gespräch mit dem international renommierten Künstler und Fotografen bildete den Auftakt des zweitägigen Workshops. Starling erzählte den 14 Mädchen und Jungen, wie er die vier alten Fotografien von Albert Renger-Patzsch im Depot des Museums fand und sie zur Grundlage seiner Installation machte. Er erläuterte seine Idee, Geschichte und aktuelle Situation des Museums in einen Dialog zu bringen.

Voller künstlerischem Tatendrang eroberten die Jugendlichen die verlassenen Räume des Ruhrlandmuseums für ihre eigenen Ideen, schufen raumfüllende Installationen, wo früher das Leben der Bergleute anschaulich erklärt wurde. "Die Abbruch-Situation bietet eine tolle und einmalige Gelegenheit für einen solchen Workshop", sagt Hella Nocke-Schrepper, Kunstvermittlerin im Museum Folkwang.

Linus (14) und Zoe (12) haben viele Äste und Wurzeln gesammelt, setzen sie nun in einem virtuellen Wald in Kontrast zur Künstlichkeit von Neonfarben und buntem Glitter. Maria (12) ist leidenschaftliche Sammlerin von Dinosauriern und hat gleich all ihre Schätze mitgebracht, um sie auf Podesten, schönen Stoffen und hinter Absperrungen museumsgerecht auszustellen. "Die Gedanken und Ideen von Simon Starling haben mir viele Anregungen gegeben", erklärt die junge Künstlerin.

In der Kulisse, in der früher die kartoffelschälenden Frauen von Renate Göbel den Blick der Besucher auf sich zogen, hat Maria sogar noch eine zweite Installation geschaffen: Die Abstellkammer. Steine, zerbrochene Fließen, Werkzeug, Holz und Lappen _ Fundstücke aus den verlassenen Museumsräumen - erweckt sie in ihrem spontanen Kunstwerk zu neuem Leben.

Die Treppe daneben hat Jule (15) zu ihrer Bühne erklärt und dort alles drapiert, was mädchenhaft ist und knallige Farben hat: fetzige Sonnenbrillen, Parfüm, Glückskerzen und Gummibärchen. "Ich wollte die alte location noch mal ein bisschen aufpeppen", erklärt die Schülerin.

Mit Sand, Palmen, Liegestuhl, Sonnencreme, Plastikflaschen und Müll verwirklichten Dominik (12) und Niklas (11) im ehemaligen Rondell sozialkritisch ihren "Karibiktraum". "Diese Installation war eine Herausforderung", meinen die Freunde und erzählen von Problemen bei der Umsetzung ihrer Ideen.

Um den Spuren Simon Starlings bis zuletzt zu folgen, fotografieren die jungen Künstler abschließend ihre Werke, um die Fotos dann ebenso wie Starling an anderer Stelle im Museum zu präsentieren. "Wir haben hier kurz vor dem Abriss das Größte herausgeholt", meint Jule. "Und wer weiß, vielleicht gibt es in dem neuen Museum irgendwann eine Ausstellung mit unseren Fotos, die dann diese besondere Situation dokumentieren." Seit Herbst 2006 bietet das Museum Folkwang Jugendlichen die Chance, mit zeitgenössischen Künstlern zu arbeiten. "Das verlassene Museum" war der zweite Workshop der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang und wurde von der RWE AG unterstützt. Fotos und Installationen der Jugendlichen können noch bis zum 1. Juli zu den Öffnungszeiten des Museums besichtigt werden. Im Herbst ist ein weiterer Workshop zur Landschaftsfotografie geplant.