Nach knapp 96 Jahren endet am Samstag die Ära des alten Karstadt-Gebäudes auf dem Limbecker Platz.Es wird komplett abgerissen, nichts davon bleibt stehen - denn das Gebäude genießt keinen Denkmalschutz
Am Samstag, 1. März, lädt der Betriebsrat der Karstadt-Belegschaft am Limbecker Platz noch zur Abschiedsfeier ein nach Ladenschluss, 18 bis 20 Uhr. Ein "rustikales Essen" ist angekündigt. Der Leichenschmaus findet in der ehemaligen Kantine des Hauses statt. Und dann ist wirklich Ende. "Es gibt manche", sagt Hans-Jürgen Ahlmer, "die haben durchaus eine Träne im Knopfloch."
Ahlmer ist Organisationsleiter der alten Karstadt-Filiale, die in dieser Woche endgültig schließt. Am Samstag ist letzter Tag, 18 Uhr ist Schluss. Nach der Eröffnung des neuen Einkaufszentrums (13. März) rücken die Abrissbagger an. "Die Wehmut hält sich aber in Grenzen, wenn man sieht, was gegenüber Neues entsteht", sagt Ahlmer. Und entschuldigt sich: Sein Handy klingelt. Ahlmer organisiert den Umzug des Geschäftes, seit Januar wird das Haus schrittweise leergeräumt, Etage für Etage. Erst die vierte (Multimedia, Spielzeug), dann die dritte (Betten, Haushaltstextilien), die zweite (Damen-Oberbekleidung), schließlich die erste (Herren-Konfektion). Ahlmers Handy klingelt oft in diesen Wochen.
Wo also früher "Herrenkonfektion" war, schaut man jetzt auf Beton. Und Kabel, die hundertfach von der Decke baumeln. Die Zwischendecken wurden schon herausgerissen; Aluleisten und Holzpaneelen liegen in Haufen auf dem Boden Einem Kaufhaus geht es nicht anders als dem Hausmüll. "So viel wie möglich wird getrennt entsorgt und wiederverwertet", sagt Ahlmer. Das Haus wird weitgehend entkernt, aber Rolltreppen und Aufzüge bleiben drin. "Was damit passiert, ist dann Sache des Abrissunternehmens."
Rund 200 Mitarbeiter sind bei Karstadt am Limbecker Platz beschäftigt. Als das Haus 1912 unter seinem früheren Namen "Althoff" eingeweiht wird, gilt es als das größte Warenhaus weit und breit. 20 000 Quadratmeter Verkaufsfläche, 53 Fachabteilungen, und 1000 Angestellte. 1920 ging das Haus in den Besitz der Rudolph Karstadt AG über. Von 1963 an gab es erste Um- und Anbauten. Nicht immer ging man dabei sensibel vor.
Doch das ist nicht der Grund, warum das Haus heute keinen Denkmalschutz genießt. "Es stand auch nie unter Denkmalschutz", sagt Petra Beckers, Leiterin des Instituts für Denkmalschutz und -pflege. Das Haus stammt aus der Feder des Architekten Wilhelm Kreis, der zu den bedeutendsten Vertretern seiner Zunft in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehört. Kreis zeichnete auch für das Althoff-Haus in Dortmund am Hansamarkt verantwortlich, dessen Fassade dem Essener Objekt sehr ähnelt.
"Die Frage des Denkmal-schutzes ist eine Frage der Erhaltungsfähigkeit", sagt Petra Beckers. "Bei diesem Gebäude handelt es sich nicht um ein Haus aus massivem Sandstein, auch wenn es von außen so aussieht." Es macht sogar einen solch massiven Eindruck, dass die Bürger früher "Warenburg" dazu saagten. Dabei ist nur die Fassade aus Sandstein. Das Gebäude selbst ist aber eine Stahlbetonkonstruktion, und um die, sagt Petra Beckers, sei es nicht gut bestellt. "Außerdem gibt es massive Probleme mit Bergsenkungen." Über die Seitenbreite hinweg gebe es einen Höhenunterschied von einem Meter.
Deshalb werden nur Fotos vom historischen Gebäude übrig bleiben - als Dokumentation irgendwo im neuen Einkaufscenter, zusammen mit ein paar Sandsteinen aus der Fassade. Es wird aber nicht, wie Leute sich erzählen, ein Teil der alten Fassade in den neuen Bauabschnitt integriert.
Es würde vermutlich auch nur stören: Für "viel mehr Licht, viel mehr Luft und eine absolut neue Form der Warenpräsentation" werde das neue Karstadt im Einkaufszentrum ,Limbecker Platz' stehen, sagt Firmensprecher Michael Scheibe. "Das neue Karstadt am Limbecker Platz wird der Prototyp für alle 90 Karstadt-Häuser in Deutschland. Die Inneneinrichtungen sämtlicher Häuser werden schrittweise nach Essener Vorbild umgebaut."Das alte Karstadt-Haus am Limbecker Platz schließt am Samstag, 1. März, um 18 Uhr. So lange läuft noch ein Räumungsverkauf. Betrieb ist nur noch auf Teilen des Erdgeschosses. Rabatte bis zu 30 Prozent werden gewährt. Das neue Einkaufszentrum mit einer 20 000 qm großen, neuen Karstadt-Filiale öffnet am 13. März. Der zweite Bauabschnitt soll 2009 öffnen. Darin: Karstadt Sport.