Wenige Filmtheater aus den 50er Jahren überlebten den Fortschritt der Unterhaltungsindustrie so gut wie das Astra-Theater ( Photo: waz / Frank Vinken )

An den Kassen drängten sich die Menschen. In den Kinos liefen Straßenfeger. Das Astra erstrahlte zu jener Zeit am Kinohimmel, als das Fernsehen sich noch nicht etabliert hatte und Lichtspielhäuser aus dem Boden schossen. 1950 gab es 40 Kinos in Essen, der Gipfel wurde 1960 mit 76 Kinos erreicht. So suchten die Filmtheaterbetriebe Menz und Jaeck dringend Räumlichkeiten und fanden sie im Kellergeschoss des von der Lutherstiftung errichteten Hotels Vereinshaus.

"Der alte Festsaal wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört", berichtet Maximilian Bosse, der Direktor des heutigen Essener Hofes, "und es fehlten die finanziellen Mittel, ihn wieder aufzubauen." An der Teichstraße entstand also ein feines und mit rund 500 Plätzen mittelgroßes Lichtspielhaus. Es verfügte über modernste Technik. Pastelltöne von Graublau bis Gelbbraun, Säulen und eine kreisförmig profilierte Decke dominierten den Saal. Doch das Schmuckstück war ein großer Leuchter in Form einer Blüte. Das außergewöhnliche Kino, das den Chic und Charme der 50er Jahre versprühte, wurde mit der Romy-Schneider-Romanze "Scampolo" am 18. April 1958 eröffnet.

Außergewöhnlich auch insofern, weil sich die Betreiber seit jeher per Mietvertrag zur "Pflege des guten Films" verpflichteten. "Für uns war es wichtig, dass das Astra Unterhaltung zeigt, die sich mit unserer christlichen Grundhaltung vereinbaren lässt", sagt Bosse. "Polizeirevier 21" mit Kirk Douglas oder "Meine Tochter und ich" mit Heinz Rühmann waren zu sehen, "Die Abenteuer des Werner Holt", ein Publikumsrenner aus der DDR von 1966, feierte seine westdeutsche Premiere.

Das Astra, das seit 1980 über weniger Sitzplätze (432), aber einen weiteren Saal (heute das Luna, 80 Plätze) verfügt, wurde zur kleinen Lichtburg. Es erlebte die Höhen mit Zuschauerandrang und überlebte die Tiefen des Kinosterbens. Die langjährige Pächterin Ilse Menz gab dieses wie alle ihre Filmtheater 1992 aus Altersgründen auf. Drei Jahre später kapitulierte die Ufa vor der Anziehungskraft des Multiplex-Kinos Cinemaxx. Hanns-Peter Hüster schreckte das nicht ab. Er sah die Chance, ein altes Kino zu erhalten, und machte es zu seinem vierten Essener Filmkunsttheater.

"Für die Übernahme gab es zwei Gründe. Die Verleiher wollten, dass wir uns erweitern, weil es in Essen nicht genügend Leinwände gab", erklärt seine Partnerin Marianne Menze. "Und es war das schönste Kino, das zur Disposition stand." In all den Jahren habe sich im Astra fast nichts verändert. Also wurde die Projektionstechnik auf den neuesten Stand gebracht, wurden Wände gestrichen, die Malereien neben der Bühne restauriert, die Messinglampen geputzt. Im August 1995 eröffnete der aufpolierte Kinostern wieder. Es lief "Don Juan DeMarco" mit Johnny Depp.

Wo einst sogenannte Gildefilme für Qualität standen, residiert nun die Filmkunst. Das regelmäßig ausgezeichnete Astra konzentriert sich auf Erstaufführungen, auf Reihen mit Originalversionen aus Frankreich, Italien, Großbritannien oder den Gottesdienst nebst Filmvorführung. Ganz im Sinne der Tradition finden immer noch Premieren statt, stellen Prominente wie Katja Riemann, Jürgen Vogel und Joachim Król hier ihre Filme vor. "Das Astra war und ist", so Marianne Menze, "ein Vorzeigekino für anspruchsvolles Programm."Das Jubiläum des Astra wird erst am 20. April gefeiert. Mit Filmen, versteht sich. Gezeigt werden um 14 Uhr der Eröffnungsfilm "Scampolo" von 1958 mit Romy Schneider, um 17 Uhr der Wiedereröffnungsfilm "Don Juan DeMarco" von 1995 mit Johnny Depp sowie um 20 Uhr die Preview der Sommerkomödie "Der fliegende Händler".