ESSEN/PRISTINA. Einen Tannenbaum hat Pfarrer Hein nicht aufgestellt. Er braucht dieses Jahr keinen. Weihnachten geht der Gottesmann auch nicht in die Kirche.

Monsignore Hans-Dieter Hein stieg am Wochenende in den Flieger und hatte seine eigenen Hostien, einen Kelch, Schale und eine CD mit Weihnachtsmusik im Gepäck. Der 57-jährige NRW-Polizeidekan aus Essen und Polizeiseelsorger des Ruhrbistums flog in den Kosovo, um mit den deutschen Polizisten dort Weihnachten zu feiern.

Zur Messe am Heiligen Abend mit Monsignore Hein sind auch die österreichischen und schweizerischen Beamten eingeladen. Die Weihnachtsmesse werden aber nur rund 50 Polizisten mitfeiern können, schätzt Hein. „Die anderen haben Dienst.“ Auch um sie will sich der Seelsorger bei seinem einwöchigen Besuch kümmern, will durchs Land reisen und Beamte besuchen, die in teils abgelegenen Bergdörfern wohnen. Nicht nur sie sind an Weihnachten vor allem eines: einsam.

Das Fest der Liebe und der Familie verbringen die deutschen Polizisten zwangsweise ohne Kinder, Ehegatten und Eltern, dafür mit ihren Kollegen fernab der weihnachtlichen Heimat und inmitten der muslimisch geprägten serbischen Teilprovinz. „Das ist natürlich nicht einfach, erst recht wenn man irgendwo alleine in den Bergen sitzt“, so Hein.

Sogar bei Ehe-Konflikten oder Familienstreit versucht Hein dabei mitunter im Kontakt mit den zurück gebliebenen Verwandten zu vermitteln. Vor allem die Lebensumstände im Balkanland sind belastend. Häufig ausfallender Strom, schlechte Wasserversorgung, krasse Gegensätze zwischen Arm und Reich und vor allem der Konflikt zwischen Albanern und Serben: „Der Stress ist immer noch sehr hoch für die Beamten.“

Vielleicht ist es deshalb umso wichtiger, an Weihnachten ein Stück Heimat zu erleben. Dann wird es Spanferkel geben und in der Messe deutsche Weihnachtslieder von der CD. Pfarrer Hein hat den Organisten der Essener Pfarrei St. Bonifatius gebeten, ein paar Lieder einzuspielen. „Ich hoffe nur, dass die mir da keinen Plastikweihnachtsbaum hinstellen“, flachst der bodenständige Gottesmann. „Ich kenne den Raum, in dem wir Gottesdienst feiern, nicht. Es ist der Anbau eines Lokals.“

Natürlich würde der Priester ein Gotteshaus bevorzugen. Aufgrund der politischen Lage habe man sich aber gegen die Feier in einer serbisch-orthodoxen Kirche entschieden. „Das könnte sonst zu noch mehr Problemen mit der albanischen Mehrheit führen“, so Hein. „Wenn in der Zeitung steht, dass die deutschen Polizisten in einer serbischen Kirche Weihnachten feiern, könnte das hier schwerwiegende Folgen haben.“

So versammelt sich die deutschsprachige Weihnachtsschar in einem extra angemieteten Lokal in einer bewachten serbischen Enklave, zehn Kilometer von der Hauptstadt Pristina entfernt. Der Liedzettel ist schon kopiert. Wie aber „Oh, du fröhliche“ in einem dauerhaft von Krieg bedrohten Land klingt, kann sich Hein noch nicht so recht vorstellen.