Der milde Winter lässt die Natur explodieren: Pollen der Frühblüher Hasel, Birke, Erle und Weide schweben seit Januar durch die Luft.Etwa jeder Fünfte leidet unter den heftigen Beschwerden des Heuschnupfens

Tränende und juckende Augen, laufende Nase und heftige Niesattacken - die Leidenszeit für rund 100 000 Pollenallergiker in Essen hat begonnen. "Bedingt durch die milden Temperaturen, explodiert die Natur", sagt Dr. Rainer Kundt, Amtsarzt beim Gesundheitsamt Essen. Die Pollen von Hasel, Birke, Erle und Weide schweben bereits seit Januar durch die Luft und lösen vor allem an milden und sonnigen Tagen die allergischen Reaktionen bei den Betroffenen aus.

Der sogenannte "Heuschnupfen" ist als Begriff weit verbreitet. Diese ernstzunehmende Erkrankung - von Medizinern Pollinosis genannt - hat jedoch oftmals weder etwas mit Heu noch mit einer Erkältung zu tun. Ihre Ursache liegt in der angeborenen Überempfindlichkeit gegen bestimmte Blütenpollen. Diese enthalten Eiweißstoffe, die bei empfindlichen Menschen als Allergen wirken und irgendwann eine immunologische Abwehrreaktion des Körpers hervorrufen. "Für den Heuschnupfen gibt es keine Altersgrenzen", so Kundt. "Zwar treten die meisten Allergien bereits im Jugendalter auf, doch können auch 30-, 50- oder 60-Jährige plötzlich an Heuschnupfen erkranken."

Ein Wundermittel gegen die Beschwerden des Heuschnupfens gibt es nicht. Dennoch ist es wichtig, zum Arzt zu gehen und nach der entsprechenden Diagnose eine Therapie einzuleiten. "Es besteht die Gefahr des Etagenwechsels. Das bedeutet, dass sich die Allergie auf die unteren Atemwege ausdehnt und zu Asthma führt", erklärt Kundt. Zudem ist eine ständig gereizte Nasenschleimhaut anfällig für Infektionen, die sich auch auf Nebenhöhlen und Mittelohr ausweiten können.

Um den Heuschnupfen in den Griff zu bekommen, wäre es am besten, die auslösenden Allergene auszuschalten. "Aber wer hat schon so viel Zeit, wochenlang auf eine Nordseeinsel zu flüchten", schmunzelt Kundt. "Inzwischen gibt es aber gute Antiallergika für eine medizinische Therapie. Müdigkeit als unerwünschte Nebenwirkung tritt dabei nicht mehr auf." Eine weitere Möglichkeit der Behandlung ist die Hyposensibilisierung. "Der Körper erhält geringe Mengen der Allergene und soll sich so seine Überreaktion auf die Pollen abgewöhnen", so Kundt. Mit einer Cortison-Therapie müsse man wegen der erheblichen Nebenwirkungen vorsichtig sein, so der Mediziner. Einen Grund dafür, dass die Zahl der Heuschnupfen-Geplagten ständig steigt, sieht Kundt nicht nur in der zunehmenden Umweltbelastung. "Heute spritzen wir überall Desinfektionsmittel. Kinder, die früher im Matsch gespielt haben, hatten ein intaktes Immunsystem."

Es ist nahezu unmöglich, die allergieauslösenden Pollen zu meiden. Dennoch können einige Maßnahmen helfen, die Beschwerden zu lindern. So sollten Heuschnupfen-Geplagte an sonnigen und windigen Tagen nicht ins Freie gehen und nachts bei geschlossenem Fenster schlafen. Tägliches Haarewaschen hilft, die Pollen loszuwerden. Die Straßenkleidung sollte nicht im Schlafzimmer aufbewahrt werden.