Bis 2010 muss die Stadt einen neuen Forstbetriebsplan entwickeln. Der Konflikt im "Erholungsdauerwald"ist programmiert: Das Wegenetz soll weiter zurückgebaut werden. Wegen der Natur und wegen der Kosten

Naturschutz und Naherholung: Beides soll Platz haben im Wald. Gesucht wird ein neues Gleichgewicht. Foto: WAZ, Kerstin Kokoska
Naturschutz und Naherholung: Beides soll Platz haben im Wald. Gesucht wird ein neues Gleichgewicht. Foto: WAZ, Kerstin Kokoska © waz

Förster formulieren vorsichtig. Das haben sie gelernt aus dem Aufschrei im Stadtwald, als dort in den 90er Jahren erstmals laut nachgedacht wurde über ein Rückbau des Waldwegenetzes. Jetzt arbeiten sie an einer Neuauflage des Forstbetriebsplans. Und sprechen, vorsichtig, vom "Rückbau einzelner Wegestücke".

Das Ziel von Grün und Gruga sowie der Waldwirtschaft ist der "Erholungsdauerwald". Erholen sollen sich in diesem Wald aber nicht nur die Besucher, erholen soll sich auch die Natur. Möglichst bunt gemischt sein soll der Wald in Arten, Alter und Größe. Die Lebenserwartung der gemeinen Buche soll von 160 auf 200 Jahre gesteigert werden, Eichen sollen gar 240 Jahre leben. Und werden sie doch mal dahingerafft, sollen sie doch im Wald bleiben. Totholz ist wichtig für viele Tiere und Pflanzen im Wald. Deshalb sollen absterbende Bäume bis zum Zerfall stehen bleiben - und auch danach. wenn die Holzbergung unwirtschaftlich ist oder den Boden zu stark zerstören würde.

Die Wirtschaftlichkeit von Forstmaßnahmen gerät überhaupt zunehmend in den Mittelpunkt der Überlegungen. Eine klare Vorgabe für den neuen Plan ist die Kostensenkung: Die "Aufwendungen des Waldbesitzers für Entwicklung, Pflege, Schutz und Bewirtschaftung" sollen zunehmend gesenkt werden.

Das führt auch zu neuem Nachdenken über die Verkehrssicherungspflichten der Stadt. 1200 Kilometer Grenzlinien zwischen Wald und Verkehrsflächen muss das Forstpersonal in Essen auf Risikobäume kontrollieren, ergab 2003 das "Waldrandgutachten". Um diesen Aufwand zu verringern, wäre ein Rückbau von Wegen ausgesprochen hilfreich.

Die Forstexperten wissen um die Brisanz des Konfliktes: Hier der Erholungsanspruch der Bürger, dort der Naturschutz und der Kostendruck. Deshalb, wir sagten es, formulieren sie vorsichtig: "Es werden diskussionsfähige Vorschläge für Beratungen... erwartet, wenn ... auch im Erholungswald Rückbauten angeregt werden." Die Bezirksvertreter in Kupferdreh und Heisingen haben den Braten schon gerochen, und er schmeckt ihnen gar nicht. Sie haben einstimmig empfohlen, das Wegenetz im bestehenden Umfang weiter zu betreiben. Ihr klares Votum: "Kein weiterer Rückbau."