Mendelssohn Kammerorchester Leipzig trumpft mit Thierry Escaichs fulminanter Musik in der Philharmonie auf
Die schöne Pfarrkirche Saint-Étienne-du-Mont de Paris lebt heute nicht zuletzt vom Ansehen seiner Organisten. Seit 1997 wirkt dort der 42-jährige Thierry Escaich.
In der Philharmonie erweist sich der Organist als Meister der Improvisation, als Virtuose und als Komponist mit Sinn für Klangeffekte und dramatische Gestaltung. Sein Concerto Nr. 2 für Orgel, Streicher und Percussion aus dem Jahr 2006, hier in deutscher Erstaufführung zu erleben, ist eine fulminante Musik, atemlos in ihrer drängenden Bewegung.
In den zwei Sätzen, die nahtlos ineinander fließen, feiert Escaich die Verschränkung von Solo-Instrument und Orchester. Die motivischen Bälle springen hin und her, mitunter reicht ein massiger Orgelakkord, dem wilden Figurieren der Streicher entgegengestellt, um das dramatische Geschehen voranzutreiben. Bisweilen auch ein Atemholen: Silbrige Klänge verweisen auf Sphärisches oder Orgel und Xylophon mischen sich aufs schönste. Dann wieder starke Rhythmik mit markanten Schlagwerk-Akzenten.
Diese Erstaufführung wird zum Erfolg, weil Escaich die Musik nie an Schmerzgrenzen treibt, seien sie harmonischer oder dynamischer Art. Stark, hellwach und mit großer Leidenschaft agiert zudem das Mendelssohn Kammerorchester Leipzig unter Leitung von Peter Bruns.
Im Jahr 2000 hat sich die Formation gegründet und ein Repertoire ganz im Sinne Mendelssohns aufgebaut: die alten Meister achten, das Neue nicht verschmähen. So umrahmen sie in der Philharmonie Thierrys Organistenkunst mit zwei ultrakurzen Kammersinfonien von Darius Milhaud sowie zwei Suiten aus "Les Indes galantes" von Jean-Philippe Rameau. Stilsicher erklingen neoklassizistisch angehauchte Moderne und höfisch-barocke Galanterie. Milhauds polytonale Gebilde entbehren nicht des Witzes, Rameaus Glanz erklingt in all seinen Verästelungen. Kurzum: Musik für Geist und Seele.