ESSEN. Das Mutterhaus der Franziskusschwestern der Familienpflege steht mitten in Essen-Bedingrade. 1930 wurde es an der Laarmannstraße erbaut. Heute ist es das Zuhause für 20 Schwestern. Die Essener Franziskusschwestern helfen, wo sie können.

Ein großes rotes Backsteingebäude. Dahinter ein parkähnlicher Garten. Links daneben, etwas entfernt gelegen, ein kleineres Haus, das ehemalige Waschhaus. Auch wenn der Himmel wie an diesem Tag in ein trübes Grau getaucht ist, fühlt man sich wohl an diesem Ort.

Große, breite Flure, Mengen an Treppen und Räumen - alles ist bestens gepflegt. Auf den Tischen stehen kleine bunte Blumensträuße, die Räume sind lichtdurchflutet. „Das möchten wir auch sein, gastfreundlich und einladend“, betont Schwester Judith, Generalassistentin im Orden der Franziskusschwestern, die immer wieder auch Gäste durch das Kloster führt.

Schwester Simone im Eine-Welt-Laden zeigt, was man an der Laarmannstraße unter Gastfreundschaft versteht. Der Tisch ist gedeckt, heißer Tee und Kaffee warten. Der Laden mit seinen vielen selbstgebastelten Dingen lädt zum Stöbern ein. Ein Kleinod mit vielen kreativen Überraschungen und fair gehandelten Spezialitäten. Das ehemalige Waschhaus ist in verschiedene Blautöne getaucht. Hier hat Schwester Simone ihr Reich und die Schlüsselgewalt – sie geht ihrer Aufgabe mit Freude nach. „Hier kann ich meiner Kreativität freien Lauf lassen und darüber hinaus komme ich mit verschiedenen Menschen in Kontakt“, freut sich die 67-jährige. Immer wieder ergibt sich ein gutes Gespräch. „Ich handele nach dem Spruch unseres Ordensvaters Franziskus: Wenn es dir guttut, dann komm!“

Auch im Keller des großen Backsteingebäudes ist die Stimmung bestens. Schwester Balduine und Küchenhilfe Margret Schäfer bereiten in der Klosterküche das Essen für die Schwestern vor, es wird gekocht, gespült, geputzt. „Das sind unsere beiden Klosterurgesteine“, schmunzelt Schwester Judith bei der Vorstellung. Die 85-jährige Ordensfrau ist 1946 ins Kloster eingetreten. Ebenfalls seit Jahrzehnten dabei: Margret Schäfer, ohne sie ist die Küche gar nicht denkbar. Die große Küche im Keller ist das Reich der beiden Frauen und es hat Persönlichkeit. Erst etwas zögernd, aber dann um so freudiger zeigt Schwester Balduine ihre Fanecke. Mitten in der Klosterküche weht ein Hauch von bayrischer Luft. Schwester Balduine ist bekennender Bayern München-Fan – der Schal und die Poster mit originalen Unterschriften sprechen Bände. „So wie ich 200 Prozent zum lieben Gott stehe, stehe ich 100 Prozent zu Bayern München.“

Der Orden der Franziskusschwestern hat sich über all die Jahre seine Offenheit gegenüber den Problemen und Anforderungen der Zeit beibehalten. Wenn die 60-jährige Ordensfrau an die Anfänge des Ordens der Franziskusschwestern der Familienpflege denkt, muss sie ein wenig schmunzeln: „Die Idee und das Leben unseres Ordens war für die damalige Zeit quasi revolutionär. Das gab es nirgends, dass Ordensfrauen ganztägig außerhalb des Klosters waren.“ Gegründet wurde der Orden 1919 von Quintinus Wirtz. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges halfen die Franziskusschwestern in Familien, in denen die Mutter fehlte oder überlastet war. „Die Schwestern übernahmen quasi die Hausfrauenrolle, vom Waschen, Bügeln, Kochen bis hin zur Hausaufgabenbetreuung“, erinnert sich Schwester Judith, die selbst manchen Tag in Familien verbracht hat. Doch das Feld der Familienpflege veränderte sich mit den Jahren. „1969 wurde der Beruf der Familienpflege gesetzlich geschützt. Wir gründeten eine Schule für Familienpflege, später für Altenpflege. Das in den vielen Jahren erworbene Wissen gaben wir hier an zukünftige Familien- und Altenpflegerinnen weiter“, so Schwester Judith. Heute sind die Schwestern ehrenamtlich in Altenheimen, Krankenhäusern und anderen caritativen Einrichtungen aktiv. Mit Besuchsdiensten machen die heute insgesamt 41 Schwestern in Essen und den fünf Niederlassungen in Paderborn, Gladbeck, Hasewinkel, Bielefeld und Schleiden Menschen eine Freude, die sonst möglicherweise ganz allein wären.

Neben den Besuchsdiensten engagieren sich die Schwestern auch weiterhin für Familien in Not. Mit der Gründung der Quintinusstiftung im Dezember 2004 versuchten die Ordensfrauen direkte Hilfe für Familien, Kinder und Jugendliche auf in Zukunft sicherzustellen. „Auch wir werden älter, und in der heutigen Zeit entscheiden sich kaum noch junge Menschen für ein Leben in einer Ordensgemeinschaft. Damit wir auch zukünftig in Not geratenen Familien, Jugendliche und Senioren helfen können, haben wir unsere Quintinusstiftung gegründet.“ Die von ihnen gegründete Quintinusstiftung hilft Menschen in Not, unkompliziert und unbürokratisch. „Mal ist es die Waschmaschine, ein dringend benötigtes Paar Schuhe oder auch die kaputte Brille für die in manchen Familien einfach das Geld fehlt. Dann helfen wir“, erzählt Schwester Judith. Bis jetzt konnte in insgesamt 200 Fällen geholfen werden.

Bei allen Aktivitäten der Schwestern, der „Alltag“ im Kloster an der Laarmannstraße hat seine festen Zeiten. Der Tag beginnt um 6.30 Uhr mit dem Morgenlob, im Anschluss feiern die Schwestern die Messe. Nach dem gemeinsamen Frühstück ist von 8 bis 12 Uhr Arbeitszeit. Es geht ins Büro, in die Nähstube, in die Küche, in den Garten, in den Eine-Welt-Laden. Dem Mittagessen um 12 Uhr folgt um 12.30 Uhr das Mittagsgebet. Nach einer kurzen Ruhephase beginnt wieder die Arbeitszeit. Außerdem ist von 8 bis 12 Uhr sowie von 15 bis 17 Uhr eucharistische Anbetung in der Franziskuskapelle. Nach einem Stundenplan organisiert, beten die Schwestern im halbstündlichen Wechsel. „Seit 1932 haben wir die Anbetung nicht ein einziges Mal ausgelassen“, betont Schwester Judith nicht ohne Stolz.