Schmuck strahlt das frisch renovierte historische Stellwerk in Kupferdreh direkt neben den Gleisen der S 9. Besitzer ist der Heisinger Geschäftsmann und Eisenbahnfan Jens Kürvers, der sich selbst "verstrahlter Modellbahnfan" nennt.
Geschäftsmann ist er. Aber offensichtlich einer, der seine Kinderträume zur Geschäftsidee erhoben hat und sich nicht mit Kleinigkeiten aufhält. Eine Modelleisenbahn? Hat er. Eine richtige Dampflokomotive? Hat er auch. Und jetzt hat der große Junge seiner Spielzeugkiste sogar ein richtiges Stellwerk einverleibt. An der Straße Kampmannbrücke in Kupferdreh steht es nah am Baldeneysee, ist von ihm schmuck renoviert worden und erntet dafür viel Anerkennung. Nur, was er damit vorhat, das sagt Jens Kürvers (51) nicht. Ätsch!
Ein schmuckes Gebäude. Am 1. Januar 1898 ging es in Betrieb. Damals war Kupferdreh ein Knotenpunkt des Eisenbahnverkehrs, zeitgleich entstand der prächtige Königlich-Preußische Bahnhof, heute als Lukas ein beliebter Treffpunkt am See. 1991 stellte die Bahn das mechanische Stellwerk außer Betrieb. Zusehends verfiel es, geriet zum Schandfleck, obwohl es unter Denkmalschutz steht.
Direkt neben der S 9
2007 wechselte es den Besitzer, die Renovierung kam dank Kürvers ins Rollen. Der damalige NRW-Bauminister Oliver Wittke teilte mit, dass das Land für die 140 000 Euro teure Restaurierung des Denkmals 35 000 Euro übernähme. Eine schöne Investition: Seit dem Sommer leuchten wieder die roten Ziegel vom Dach, darunter das schwarz-weiße Fachwerk-Obergeschoss mit großer Fensterfläche, zu dem eine geschwungene Wendeltreppe aus Stahl führt. Das Ganze ruht auf einem rot verputzten Sockel direkt neben der S-Bahn-Linie 9.
Die Werbetrommel rührt der stolze Stellwerkbesitzer für sein Projekt noch nicht, schweigt sich bis jetzt über die Nutzung aus. Man darf gespannt sein. Denn nach allem, was über den Heisinger Jens Kürvers nachzulesen ist, scheint er ein glückliches Händchen mit seinen Geschäftsideen zu haben. Vor 30 Jahren hatte er mit einem Freund in einer alten Schmiede an der Laupendahler Landstraße in Werden eine Kfz-Werkstatt gegründet, dazu Autos verkauft. Sein Studium wollte er damit finanzieren. Aus dem kleinen Betrieb ist längst das Autohaus „Laupendahler Kfz” mit 30 Mitarbeitern geworden. Und das Maschinenbaustudium hat er mit Diplom abgeschlossen.
Modelleisenbahnen als Geschäftsidee
Präsent ist er vor allem mit dem Traum kleiner und großer Jungen, mit Modelleisenbahnen. Neben dem Stammsitz in Heisingen („Jim Knopf Spielzeugland”) betreibt er mittlerweile bundesweit sieben Filialen, in denen er unter anderem Märklin-Produkte verkauft. Die achte Filiale entsteht gerade im Einkaufszentrum Limbecker Platz. Vor zehn Jahren hat er im Gelsenkirchener Nordsternpark in der alten Waschkaue den „Deutschland-Express” aufgebaut, damals Deutschlands größte Modellbahnanlage. Und als im Juni das Konkurrenzunternehmen „Modellbahnwelt Oberhausen” nach nur einem Jahr Konkurs machte, überzeugte Kürvers Konzept den Insolvenzverwalter. Seitdem betreibt er zwei Großanlagen. „Ein verstrahlter Modellbahner”, so nennt er sich selbst.
Dampflok "Pörtingssiepen VI"
Aber so richtig kam das Kind im Manne wohl im Sommer 2008 heraus. Da kaufte er der Deutschen Steinkohle den Dampflok-Veteranen „Pörtingssiepen VI” ab. 35 Jahre lang stand die ehemals auf der Hespertalbahn eingesetzte Lokomotive auf einem Sockel vor dem Gelände der Gladbecker Zechenbahn- und Hafenbetriebe. Dann ließ Kürvers sie abtransportieren, brachte sie zur kompletten Instandsetzung nach Moers. Dort wird das Stahlross fachgerecht zerlegt und restauriert. Wenn die Lok fertig ist, will er sie wieder auf den alten Gleisen der Hespertalbahn fahren lassen: „So wie andere ihr Motorrad aus der Garage holen, kann ich dann meine Lok aus dem Schuppen fahren.”
Historischer Ort
Das freut die Mitglieder der Museumsbahn am Baldeneysee. Hespertalbahn-Sprecher Armin Schürings bestätigt, dass es Gespräche mit Jens Kürvers gab. Genaueres könne aber noch nicht gesagt werden. Aktuell planen die Mitglieder der Museumsbahn ja ihren neuen Lokschuppen, der ganz in der Nähe entstehen soll und dem historischen Ort an der ehemaligen Schnittstelle von Ruhrtal- und Prinz-Wilhelm-Bahn ebenfalls zu neuem Leben verhelfen wird.
Bahn-Ensemble am Baldeneysee
Und wenn Jens Kürvers in einigen Jahren mal umsteigen und mit einem Ballon über Kupferdreh fahren sollte, dann wird das Ensemble am See aus altem Bahnhof, Stellwerk, Lokschuppen mit Dampfloks und der modernen S 9 von oben herab vertraut wirken: Wie eine seiner Modellbahnen.
Wo der ICE surrt und die Phantasie mitfährt