Essen. „Es ist wie eine Befreiung. Die Erwartungen sind groß. Zum ersten Mal können wir die Akten so hinlegen, wie wir sie haben wollen”, atmet der Leiter des Hauses der Essener Geschichte und des Stadtarchivs, Klaus Wisotzky,auf.

Seit 1995 ist er Archivleiter, aber jetzt arbeitet er auf einer der spannendsten Baustellen für das Kulturhauptstadtjahr 2010.

Die Geschichte des Stadtarchivs ist geprägt von Unordnung. Es entstand im 13. Jahrhundert, aber immer wieder war für die Urkunden, Akten und Amtsbücher kein Raum vorhanden. Schlimmer noch: Als die Preußen 1802 Essen besetzten, ließen sie alle städtischen Dokumente in einen Nebenraum des Rathauses bringen, wo sie mehr oder weniger vergammelten. Zu Beginn des 20. Jahehunderts wurden riesige Aktenberge an Papiermühlen verkauft, um den städtischen Haushalt aufzubessern.

1962 hatte das Stadtarchiv eine neue Heimat im ehemaligen Rabbinerhaus der von den Nazis gebrandschatzten Alten Synagoge auf der Steeler Straße gefunden, aber dort vergrößerten sich die Bestände von 2,5 auf 15 Regalkilometer. Auf der Suche nach einem neuen Domizil wurden mehrere Varianten geprüft, von der Gustav-Heinemann-Kaserne in Kray bis hin zu einem Neubau auf der Segerothstraße. Aber die Düsseldorfer Bezirksregierung spielte nicht mit. Wer die geistigen Väter des jetzt in der ehemaligen Luisenschule geplanten Hauses der Geschichte sind, ist nicht ganz klar, aber der Ratsherr Hans Schippmann zählt zu ihnen. Von dem angepeilten traditionsreichen neuen Standort war Archivleiter Klaus Wisotzky zwar angetan, aber: „Wir brauchen dort auch vernünftige Lagerräume.” So kam es im Mai 2007 zum Stadtratsbeschluss, an die Luisenschule ein Magazin mit vier Ebenen anzugliedern. Dessen Außenhülle mit rostendem Corten-Stahl, verwirklicht von der Architektengruppe AFS (Ahlbrecht-Felix-Scheidt), beschäftigt noch immer die Gemüter, aber Klaus Wisotzky versichert: „Ich bin nach wie vor begeistert. Es geht um Ästethik, aber auch um Funktionalität. Wir sparen erheblich Energie ein.” Und er unterschreibt die Philosophie der Architekten, wonach das Stadtarchiv als Ort der wertvollsten städtischen Dokumente eine Art Tresor sei und Essen damit auch ein Bekenntnis zu seiner Geschichte als Stahlstandort ablege: „Im Licht der Herbstsonne sah das phantastisch aus.”

Das 15-köpfige Mitarbeiterteam des Stadtarchivs zählte bislang 800 Nutzer im Jahr. Jetzt hofft Wisotzky auf mehrere Tausend, wegen der großzügigeren Räumlichkeiten und einer neuen Kooperation mit der Stadtbibliotthek.